Projekt 04273/01

Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung von Backweizen aus umweltgerechten Anbauverfahren

Projektdurchführung

Justus-Liebig-Universität GießenInstitut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung II
Karl-Glöckner-Str. 21 c
35394 Gießen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Parameter zur Bewertung der Qualität von Backweizen unterlagen im Organischen Landbau bisher keiner wissenschaftlichenen Validierung. Da bei Vermeidung von Umweltbelastungen durch Pestizide und mineralischen Stickstoff der Einfluß von Boden und Klima auf die Backqualität zunimmt, zielten die Untersuchungen darauf ab, ackerbauliche Handlungsmöglichkeiten (z.B. Vorfruchtwahl) und deren Auswirkungen auf die Korn-Mineralstoffaufnahme, Korn-Kleberzusammensetzung und Feingebäck-Backeignung zweier Winterweizensorten darzustellen. Insofern stand nicht die Optimierung von Ertragsleistungen im Vordergrund, als vielmehr die Auswirkung unterschiedlich hoher Proteingehalte auf die Produktqualität (Backeignung, Proteinqualität) innerhalb eines umweltgerechten Anbausystems.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn einem ersten Arbeitsschritt wurden 1994 und 1995 an zwei geogenetisch und klimatisch unterschiedlichen Standorten in Hessen Vorfruchtversuche angelegt. Im Jahr nach dem Anbau der Vorfrüchte erfolgte der Anbau von je zwei Winterweizensorten, die durch eine hohe bzw. niedrige genetisch fixierte Backeignung gekennzeichnet waren. Dieser Ansatz ermöglichte eine Verbreiterung der Datengrundlage. Im weiteren Verlauf wurde während der Kornfüllung bis hin zur Vollreife des Winterweizens die vorfrucht- und standortbedingte Dynamik der Stickstoffaufnahme bestimmt.
In einem zweiten Arbeitsschritt erfolgte ab Winter 1995 die Untersuchung von Mehlen der vollreifen Körner in Zusammenarbeit mit der Fa. Drei Pauly anhand von Backversuchen und teigrheologischen Messungen. Es folgten eingehende Untersuchungen anhand von Parametern der Getreide- und Proteinqualität (Schwefel-Konzentration, SDS-Sedimentation, HPLC-Klebertypen)
In der letzen Phase wurden die hochmolekularen Gluteninuntereinheiten (HMWg), mit der Gradienten-SDS-PAGE weiter aufgetrennt und mittels Scannerdensitometrie quantifiziert.
Neben Standardmethoden (N-Konzentration, Sedimentationswert, Farinogramm) zur Charakterisierung der Backqualität wurden auch biochemische Methoden verwendet, die in direkter Beziehung zur Backqualität stehen. Hierdurch wurde gewährleistet, daß auftretende Unterschiede nicht nur beschreibbar, sondern auch herleitbar waren. Insbesondere die Beziehung zwischen Weizen-Proteinquantität und -qualität wurde bisher ungenügend bearbeitet, mit dem Resultat, daß oftmals hohe Proteingehalte einer hohen Backqualität gleichgesetzt wird. Ein fundiertes Wissen kann in diesem Zusammenhang vor allem in der Beratung von Landwirten, Müllern und Bäckern wertvolle Dienste leisten, da z. B. auch die Bezahlung des Getreides oft über den Proteingehalt erfolgt.


Ergebnisse und Diskussion

Die im Rahmen des Projektes gesetzten Ziele konnten weitestgehend zeitgerecht erreicht werden. Im Zusammenhang mit den komplizierten biochemischen Methoden waren umfangreiche methodische Arbeiten notwendig geworden, um eine ausreichende Empfindlichkeit herzustellen. Hierdurch und durch Gerätereparaturen traten nicht vorhersehbare Zeitengpässe auf, d. h. einige Analysen mußten im Rahmen der Dissertation wiederholt werden. Die Projektplanung erwies sich darüber hinaus jedoch als realistisch, sodaß keine wesentlichen Abweichungen vom Untersuchungsprogramm notwendig wurden.
Die Ergebnisse zeigten, daß bei umweltgerechter Landbewirtschaftung deutliche Steigerungen der Backqualität nur durch legume Pflanzen als Vorfrüchte erreicht werden konnten. Eine Kompensation der geringeren Vorfruchtwirkung nichtlegumer Pflanzen erfolgte jedoch in Ausnahmefällen durch standort-bedingte Einflüsse (Boden, Klima). Eine vorfruchtbedingte Differenzierungen der Qualität gelang über die SDS-Sedimentation, während die Rohprotein-Konzentrationen, im Gegensatz dazu stehend, innerhalb einer Sorte und eines Jahres hierzu keinen Beitrag leistete.
Während der Kornfüllungsphase kam es ab der Milchreife kaum noch zu Stickstoffeinlagerungen ins Korn, was ein deutlicher Hinweis auf eine Stickstoff-Limitierung darstellt. Ab der Milchreife konnte deshalb in einigen Fällen auf die Rohprotein-Konzentration zur Reife geschlossen werden.
Die Versorgung der Körner mit Mineralstoffen, insbesondere mit Schwefel, war an beiden immissionsarmen Standorten und in beiden Jahren im Verhältnis zum Stickstoff gut, sodaß hier kein Handlungsbedarf ableitbar war. Weiterhin traten unabhängig von der Höhe der SDS-Sedimentation stets ausgeglichene N:S-Verhältnisse auf. Demzufolge stellte die Schwefel-Konzentration keinen limitierenden Faktor der Proteinqualität dar.
Steigerungen der Backqualität waren in einem großen Maße sortenabhängig, daß heißt Bussard reagierte auf eine Zunahme der SDS-Sedimentation mit überproportional steigenden Gliadingehalten, während die Zunahme an Glutenin weniger stark ausfiel. Die Sorte Orestis bildete im Verhältnis mehr Glutenin, was in einer geringeren Teigerweichung im Vergleich mit Bussard zum Ausdruck kam.
In der vorliegenden Arbeit wurde deutlich, daß ackerbauliche Möglichkeiten zur Steigerung der Backqualität von Winterweizen im Ökologischen Landbau in einem begrenzten Rahmen möglich sind.
Die Ergebnisse bestätigten die allgemein anerkannte Tatsache, daß im Ökologischen Landbau ressourcenschonend gearbeitet werden kann, da zumeist unter stickstofflimitierten Verhältnissen gewirtschaftet wird. In der Qualitätsfrage führten die Ergebnisse zu der Erkenntnis, daß die Zusammensetzung der Proteine deutlich ackerbaulich beeinflußbar waren, jedoch Umwelteinflüsse durch keinen Umstand kompensierbar waren, da die Proteinqualität z. B. auch vom Klima während der Reife abhing. Ein warmes, trockenes Klima zur Reife (1995) erbrachte höhere Qualitäten als eine kühle feuchte Reifezeit (1996).
Weiterhin traten große qualitative Unterschiede zwischen den Sorten auf. Diese Tatsachen wurde von der SDS-Sedimentation und den Kleberuntereinheiten deutlich und von der Rohprotein-Konzentration weniger deutlich widergespiegelt. Eine zukünftige Bewertung sollte daher die Qualität eines Mehles sowohl aufgrund einer qualitativen (SDS-Sedimentation), als auch unter Einbeziehung der Protein-Zusammensetzung (HPLC, SDS-PAGE) vornehmen. Hierzu wären jedoch auch umfangreiche Kenntnisse der deutschen Sorten hinsichtlich ihrer Umweltverhaltens erforderlich. Für eine tiefergehende Diskussion wird auf die Dissertation, die in Vorbereitung ist, verwiesen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Neben der Verwendung und Aufarbeitung der Daten im Rahmen einer Dissertation werden die Ergebnisse in Vorträgen z.B. bei der Fa. Drei Pauly und in Veranstaltungen an der Universität Gießen einem größeren Publikum zugänglich gemacht. Darüber hinaus sollen ausgewählte Themen in Zeitschriften für Praktiker und Wissenschaftler veröffentlicht werden.


Fazit

Durch das Förderprojekt wurde es möglich einen tiefen Einblick in die Beziehung zwischen Proteinqualität und -quantität zu gewinnen. Es zeigte sich, daß die Qualitätsbewertung von Winterweizen durch die gewonnenen Einsichten teilweise korrigiert bzw. erweitert werden mußte. Gleichzeitig wurden zur Bewertung der Proteinqualität geeignete Möglichkeiten vorgeschlagen. Die Kombination im Versuchsansatz zwischen Standort und Weizensorte hat sich als besonders wertvoll erwiesen und sollte zukünftig in Richtung Sorten ausgeweitet werden, da für Landwirte die Sortenfrage eminent wichtig ist. In diesem Zusammenhang könnte eine Zusammenarbeit mit Landwirtschaftsämtern, die Sortenversuche im Ökologischen Landbau durchführen, zu einer Konzentrierung der Arbeit führen. So könnte in kurzer Zeit in Anlehnung an die von uns erarbeiteten Ergebnisse ein Sortenspektrum im Hinblick auf die Anbauwürdigkeit im Ökologischen Landbau (Extensivsorten vs. Intensivsorten) geprüft werden.

Übersicht

Fördersumme

101.056,84 €

Förderzeitraum

01.04.1994 - 31.12.1998

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Land use
Nature Conservation
Resource conservation