Entwicklung von umweltfreundlichen, reaktiven Bindemittelsystemen aus Reststoffen der Holznutzung für die Herstellung von emissionsarmen Span- und Faserplatten
Projektdurchführung
Fraunhofer-Institut für HolzforschungWilhelm-Klauditz-Institut (WKI)
Bienroder Weg 54 E
38108 Braunschweig
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Bei der mechanischen Bearbeitung und chemischen Verarbeitung des Holzes fallen verschiedene Rest-stoffe an. Hierzu gehören die Holzrinden (etwa 4 Mio. fm/Jahr) und die technischen Lignine bzw. Sulfitablaugen (etwa 1 Mio. t Trockensubstanz/Jahr). Die Rinden, aber insbesondere die technischen Lignine werden hauptsächlich für die Energiegewinnung genutzt, nur sehr geringe Mengen werden wirtschaftlich stofflich verwertet. Die technischen Lignine haben zwar Bindeeigenschaften, sie sind jedoch reaktionsträge und können deshalb nur in geringen Mengen als Bindezusatzmittel eingesetzt werden. Im Prinzip lassen sich auch die aus Rinden einheimischer Nadelhölzer extrahierbaren Tannine als Bindemittel einsetzen. Bisher werden jedoch aufgrund der relativ niedrigen Extraktstoffausbeuten und des relativ hohen Anteils an nichtphenolischen Bestandteilen die Rindenextrakte der einheimischen Nadelhölzer als Bindemittel für Holzwerkstoffe nicht verwendet. Ziel des Vorhabens war die Entwicklung von natürlichen reaktiven Bindemittelsystemen aus Extrakten der Fichtenrinde und technischem Lignin für die Herstellung von Holzspanplatten und mitteldichten Faserplatten (MDF).
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Untersuchungen wurden in drei aufeinander aufbauende Teilprojekte durchgeführt. Zur Gewinnung der polyphenolischen Extrakte wurde Fichtenrinde nach der Trocknung und Zerkleinerung mit Wasser, Harnstofflösung, Ammoniaklösung und technischem Lignin 3 Stunden bei Temperaturen von 90°C und 130°C in Druckbehältern aufgeschlossen. Die gewonnenen Rindenextrakte wurden auf Extraktstoffgehalt und verleimungsrelevante Eigenschaften, wie Feststoffgehalt, pH-Wert, Pufferkapazität, Stiasny-Zahl, reaktiver Polyphenolgehalt, Viskosität, Gelierzeit, Kondensationsfähigkeit und Gebrauchsdauer, untersucht. Ein handelsübliches Tannin (Quebrachoholzextrakt) wurde in die Untersuchungen einbezogen. Das reaktionsträge technische Lignin wurde zur Steigerung seiner Reaktivität durch Bestrahlung mit UV-Licht modifiziert. Das reaktivierte Lignin wurde zur Gewinnung von tanninhaltigem Fichtenrindenextrakt eingesetzt und dieser hinsichtlich verleimungsrelevanter Eigenschaften charakterisiert. Mit definierten Abmischungen hergestellter Rindenextrakte und Quebrachotannin wurden Holzspanplatten und mitteldichte Faserplatten (MDF) gefertigt, die auf ihre physikalisch-technologischen und chemischen Eigenschaften sowie ihr Emissionsverhalten geprüft wurden.
Ergebnisse und Diskussion
Aus der Rinde einheimischer Fichte konnten mit wässrigen Lösungsmitteln in Abhängigkeit von der Aufschlusstemperatur 18...34% der Bestandteile herausgelöst werden. Die Ergebnisse der durchgeführten Extraktionen lassen erkennen, dass die Extraktstoffausbeuten mit steigender Aufschlusstemperatur deutlich zunehmen. Der Gehalt an mit Formaldehyd/Salzsäure fällbaren Polyphenolen (Tannine) nimmt mit steigender Extraktionstemperatur ab. Es werden bei höheren Temperaturen vermehrt weniger reaktive Inhaltsstoffe aus der Rinde herausgelöst. Diese Inhaltsstoffe scheinen zudem einen ausgeprägten aciden Charakter zu haben, da der pH-Wert der mit Wasser gewonnenen Extrakte mit steigender Aufschlusstemperatur fällt. Die Viskosität der Extraktlösungen ist niedrig, die Unterschiede zwischen den bei verschiedenen Temperaturen gewonnenen Extrakten sind unbedeutend. Die Extraktion der Fichtenrinde mit wässriger Harnstofflösung erhöht im Vergleich zur Heißwasserextraktion die Reaktivität der Extrakte. Vergleichsweise weniger geeignet erweisen sich die technischen Lignine als Extraktionsmittel. Die Reaktivität der mit technischem Lignin gewonnenen Rindenextrakte wurde durch eine Vorbehandlung der Lignine mit Licht deutlich verbessert.
Die Fichtenrindenextrakte wurden als partieller Ersatz für Quebrachotannin eingesetzt. Bei Spanplatten wurden bis zu 40%, bei mitteldichten Faserplatten (MDF) bis zu 100% des Quebrachotannins durch Fichtenrindenextrakt ersetzt.
Mit einem Bindemittel aus Quebrachotannin in Kombination mit dem Heißwasserextrakt der Fichtenrinde oder Fichtenrindenextrakt/Lignin-Gemisch (Extraktanteil bis zu 40%) und Formaldehyd als Härter (10,5% bezogen auf Tannin bzw. Tannin/Extrakt) wurden Spanplatten hergestellt, deren mechanische Festigkeiten den Anforderungen an Bauplatten des Typs V100 (Verleimung beständig gegen hohe Luftfeuchtigkeit) entsprechen.
Mitteldichte Faserplatten (MDF), die mit einem Leimharz aus Quebrachotannin in Kombination mit dem Heißwasserextrakt der Fichtenrinde (Extraktanteil bis zu etwa 60%) und Formaldehyd (10,5% bezogen auf Tannin bzw. Tannin/Extrakt) gefertigt wurden, sind hinsichtlich der Festigkeitseigenschaften für einen Einsatz im Feuchtbereich (Plattentyp MDF.H) geeignet. MDF, die mit einem Leimharz aus 100% Fichtenrindenextrakt und Formaldehyd (5,5% bezogen auf Tannin bzw. Tannin/Extrakt) hergestellt wurden, erfüllen die Anforderungen an Platten für einen Einsatz im Trockenbereich (Plattentyp MDF).
Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass sich mit bestimmten Kombinationen aus Fichtenrindentannin und Quebrachoholztannin emissionsarme Spanplatten und mitteldichte Faserplatten herstellen lassen. Bei MDF kann das kommerzielle Quebrachotannin durch Tannine der Fichtenrinde zu einem erheblich höheren Anteil ersetzt werden als bei Spanplatten. Die Plattenqualität lässt sich durch eine thermische Nachbehandlung der Platten zusätzlich verbessern.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden wie folgt veröffentlicht:
· Kurzberichte an die Mitglieder des Vereins für technische Holzfragen
· Veröffentlichungen in Fachzeitschriften (z.T. in Vorbereitung)
Fachvortrag anlässlich des von der DBU geförderten Symposiums Umweltschutz in der Holzwerkstoffin-dustrie am 24./25.06.1998
Fazit
In dem Projekt wurden Methoden zur Erhöhung der Reaktivität von Fichtenrindenextrakten und technischen Ligninen erarbeitet. Die Eignung von Fichtenrindenextrakt als Bindemittel für mitteldichte Faserplatten unter praxisrelevanten Bedingungen wurde erstmalig unter Beweis gestellt. Ferner konnte nachgewiesen werden, dass Extrakte aus kommerziellem, importierten Quebrachoholz durch Rindenextrakte der einheimischen Fichte sowohl bei der Herstellung von Spanplatten als auch bei mitteldichten Faserplatten zu einem erheblichen Teil ersetzt werden können. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass bestimmte Kombinationen aus technischen Ligninen und Fichtentannin als Bindemittel für Holzwerkstoffe eingesetzt werden können. Da es sich bei der Gewinnung von Tannin aus Fichtenrinde um eine einfach durchführbare Wasserextraktion handelt und die Rinden als Reststoffe der Holzbearbeitung und Holzverarbeitung anfallen, bestehen aus ökonomischen und umweltrelevanten Gründen gute Aussichten für eine Umsetzung der Untersuchungsergebnisse in die Industrie. Die Untersuchungen sollen in einem Folgevorhaben fortgeführt werden.
Fördersumme
248.165,74 €
Förderzeitraum
31.03.1995 - 20.12.1999
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter
Lower Saxony
Resource conservation
Umwelttechnik