Untersuchung der infrastrukturellen und umweltrelevanten Auswirkungen des Auflassens des Bergbaus im ehemaligen Steinkohlenrevier Lugau-Oelsnitz und Erarbeitung von Vorschlägen zur praktischen Umsetzung und Nutzung der erzielten Ergebnisse
Projektdurchführung
C & E Consulting und Engineering GmbH
09034 Chemnitz
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Vorhabens ist die Erarbeitung einer Prognose zum zeitlichen Verlauf der Flutung der Bergbauhohlräume des Lugau-Oelsnitzer Steinkohlenbergbaus und der Erarbeitung von Maßnahmen zu ihrer Überwachung. Es werden die möglichen Auswirkungen der Grundwasser-Wiederanstieges nach Abschluß der Flutung abgeschätzt. Von diesen Ergebnissen werden konzeptionelle Hinweise abgeleitet, wie die Auswirkungen der Flutung bei der infrastrukturellen Planung zu berücksichtigen sind.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenErster Arbeitsschritt war die Schaffung der Ausgangsdaten. Aus den verfügbaren Unterlagen wurden, in enger Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern, die vorhandenen Daten zu Topographie, Geologie und Hydrogeologie, Bergbau und Infrastruktur erhoben. Anschließend wurden die so gewonnenen Daten auf ihre Verwertbarkeit überprüft und den einzelnen historischen Etappen des Bergbaus zugeordnet, d. h. es wurden die hydrologisch-hydrogeologischen Verhältnisse vor Beginn des Bergbaus, während des Abbaus der Steinkohle und nach Einstellung des Bergbaus rekonstruiert. Die Aufbereitung der Daten erfolgte unter Verwendung von Komponenten des Umweltinformationssystems des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie. Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Datenanalyse wird der mögliche weitere Verlauf der Flutung bis zur Einstellung quasistationärer hydrogeologischer Verhältnisse prognostiziert. Gebiete, in denen Beeinträchtigungen der Infrastruktur und Umwelt durch die aufsteigenden Flutungswässer eintreten können, werden kartenmäßig dargestellt. Weiterhin werden Aussagen zu einer möglichen Beeinträchtigung der Grundwasserqualität gemacht. Abschließend werden Überwachungsmaßnahmen zur weiteren Kontrolle des Flutungsverlaufs (Monitoring) vorgeschlagen und konzeptionelle Hinweise erarbeitet, wie die Flutungsauswirkungen bei der infrastrukturellen Planung zu berücksichtigen sind.
Ergebnisse und Diskussion
Von 1844 bis 1971 wurden im Lugau-Oelsnitzer Revier ca. 142 Millionen Tonnen Steinkohle gefördert. Auf einem Gebiet von ca. 25 km2 entstanden ca. 152 Mill. m3 Hohlraum, wovon sich etwa 50% als Bergsenkung bis zur Erdoberfläche fortpflanzten. Von den 161 bekannten Tagesöffnungen im gesamten Revier hatten 89 eine direkte Verbindung zum Grubengebäude.
Nach dem Ende der Förderung 1971 dauerten die Verwahrungsarbeiten bis Anfang 1976 an. Danach war man allgemein der Meinung, daß alle Nachwirkungen des Bergbaus beendet oder zumindest so weit abgeklungen sind, daß keine Gefährdungen für Umwelt und Infrastruktur eintreten können.
Beobachtungen aus dem angrenzenden Zwickauer Steinkohlenrevier in den 80er und Anfang der 90er Jahre zeigten aber, daß das Gebirge noch nicht zur Ruhe gekommen ist bzw. sogar erneut Bewegungen einsetzten. In bestimmten Senkungsgebieten führte der Wiederanstieg des Grundwassers zu erheblichen Problemen.
Im Lugau-Oelsnitzer Revier wurden im Rahmen eines 1996 durchgeführten Nivellements Senkungen bis 40 mm und Hebungen bis 47 mm festgestellt. Die genaue zeitliche Zuordnung der Bewegungen ist durch das Fehlen von Messungen zwischen 1972 und 1996 nicht möglich. Es kann jedoch als gesichert gelten, daß die Bewegungen der Tagesoberfläche noch andauern. Insbesondere die Ursachen für die Hebungen werden noch kontrovers diskutiert.
Zur Problematik des Flutungswasseranstieges im Lugau-Oelsnitzer Revier wurden umfangreiche Recherchen angestellt. Dabei zeigte sich, daß dieser Frage zum Zeitpunkt der Schachtverwahrungen nicht ausreichend Rechnung getragen wurde. Infolgedessen besteht derzeit keine Möglichkeit, den Flutungsspiegel direkt zu beobachten und somit auch keine Möglichkeit der Beprobung des Flutungswassers. Durch C & E wurden deshalb zunächst indirekte Meßverfahren (z. B. Geoelektrische Tiefensondierungen) eingesetzt, um oberflächennahe Grubenfelder auf Anzeichen der Flutungswasserführung zu untersuchen. Dabei konnte nach gewiesen werden, daß der Flutungsspiegel diese Gebiete bisher noch nicht erreicht hat.
Die Analyse der vorhandenen Rißunterlagen und der technischen Angaben zu den Tagesöffnungen (Geometrie, Verwahrungszustand usw.) ergab, daß das aufsteigende Flutungswasser wahrscheinlich nicht, wie bisher angenommen, im Lagerstättenausstrich zutage treten wird, sondern an morphologisch tieferliegenden Tagesöffnungen.
Die Bergschadenkundliche Analyse von 1974 weist mehrere Gebiete aus, in denen es zu Beeinträchtigungen durch aufsteigendes Flutungswasser kommen kann (sog. Poldergebiete). Die Vorflut ist in diesen Gebieten durch technische Maßnahmen wiederhergestellt. In welchem Umfang Oberflächenwasser aus diesen Gebieten dem Grubengebäude zusitzt, ist gegenwärtig nicht ermittelbar. Unterstellt man jedoch einen künftigen Überlauf des Flutungswassers an tiefliegenden Tagesöffnungen, so ergibt sich für die Poldergebiete auch nach Abschluß der Flutung keine Veränderung des hydrologisch-hydrogeologischen Regimes.
Für die Weiterführung der Untersuchungen wird insbesondere folgendes vorgeschlagen:
Es wird empfohlen, den Flutungswasserspiegel mit direkten Aufschlußverfahren zu ermitteln. Wünschenswert wäre die Anlage eines Meßnetzes von Beobachtungspegeln, mit dem alle wesentlichen Lagerstättenteile erfaßt werden. Wegen des hohen ökonomischen und technischen Aufwandes kann ein solches Meßnetz nur schrittweise realisiert werden.
Als erster Schritt wird deshalb vorgeschlagen, einen Beobachtungspegel vom Freigelände des Bergbaumuseums Oelsnitz aus in das Füllort der +20 m-Sohle des Kaiserin-Augusta-Schachtes niederzubringen.
Als Ergänzung zum vorgeschlagenen Beobachtungspegel am Kaiserin-Augusta-Schacht wird empfohlen, am Pluto-Schacht in Gersdorf einen zweiten Beobachtungspegel zu errichten, mit dem der Flutungs-wasserspiegel im Nordteil der Lagerstätte kurz vor dem Austritt an der Oberfläche erfaßt werden kann.
Über die Errichtung weiterer Beobachtungspegel sollte erst nach der Realisierung der beiden vorgeschlagenen Pegelbohrungen und der Auswertung der damit gewonnenen Meßergebnisse entschieden werden.
Sobald in den Beobachtungspegeln Flutungswasser angetroffen wird, sollten Untersuchungen zur Flutungswasserqualität vorgenommen werden.
Die zu erwartende hohe Gesamtmineralisation, die relativ einfach elektrometrisch über die Leitfähigkeit zu identifizieren ist, sollte im Rahmen des Monitoringprogrammes des LfUG als Überwachungsparameter genutzt und ausgewertet werden.
Das Flutungswasser besitzt ein thermisches Potential, welches unter günstigen Bedingungen nutzbar gemacht werden kann. Nach Realisierung der vorgeschlagenen Beobachtungspegel und einem mehrjährigen Beobachtungszyklus können Angaben zu den verfügbaren Wassermengen und dem Temperaturgradient des Wassers gemacht werden. Im Rahmen einer gezielten Wasserentnahme wäre dann eine Steuerung des weiteren Flutungsverlaufes möglich.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse des Projektes wurden auf dem 3. Treffen des Arbeitskreises Bergbaufolgelandschaften der Gesellschaft für Geowissenschaften e.V. am 25.04.1997 in Oelsnitz vor mehr als 120 Fachleuten aus der Kommunalverwaltung, von Behörden, Institutionen, Hochschulen und Firmen vorgestellt und diskutiert. Eine zusammenfassende Darstellung wurde im Exkursionsführer Folgeerscheinungen des Steinkohlenbergbaus im Raum Zwickau-Oelsnitz (Hrsg.: H. BRAUSE) veröffentlicht.
Mit der Stadtverwaltung Oelsnitz werden gegenwärtig Folgemaßnahmen auf dem Gebiet der Bergschadensbewertung und der Schaffung von Beobachtungspegeln erörtert.
Fazit
Der vorliegende Bericht soll den Kommunen im Steinkohlenbergbaugebiet Lugau-Oelsnitz dazu dienen, gegenwärtig ablaufende und künftig zu erwartende Prozesse, die im Zusammenhang mit der Einstellung des Bergbaus stehen, objektiv beurteilen und bei der Lösung ihrer Verwaltungs- und Planungsaufgaben berücksichtigen zu können.
Im Vordergrund steht dabei die Betrachtungsweise, daß die im Rahmen der Datenrecherche ermittelten Fakten den einzelnen Etappen der bergbaulichen Tätigkeit zugeordnet und die umwelt- und infrasrukturrelevanten Wirkungen für das gesamte Untersuchungsgebiet herausgearbeitet wurden. Es wurde versucht, Informationsdefizite durch eigene Untersuchungen zu kompensieren. Zur Beseitigung bisher noch bestehender Informationsdefizite wurden entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen. Diese Vorgehensweise ist sowohl auf andere ehemalige Bergbaugebiete als auch auf andere Regionen mit infrastrukturellen Entwicklungsproblemen übertragbar.
Fördersumme
96.666,89 €
Förderzeitraum
01.04.1996 - 10.03.1998
Bundesland
Sachsen
Schlagwörter
Land use
Resource conservation
Umwelttechnik