Energiesysteme im Wohnungsbau
Projektdurchführung
Universität KasselFachgebiet Technische Gebäudeausrüstung
Gottschalkstr. 28
34109 Kassel
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Akzeptanz von Wohnungslüftungsanlagen als starke Einflussgröße auf den Heizenergieverbrauch von Gebäuden ist seit langem bekannt, und dennoch fehlen belastbare Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Lüftungskonzepten, dem Lüftungsverhalten und dem sich einstellenden Gebäudeenergieverbrauch.
Nachdem im Projekt Energiesysteme im Wohnungsbau (Teil 1) Methoden zur Messung und Verbesse-rung der Nutzerakzeptanz erarbeitet sowie Voranalysen und Projektierungen vorgenommen wurden, ist das Ziel des Teilprojektes 2 deren Umsetzung zur Klärung obiger Zusammenhänge mit Hilfe von Messdaten über einen Zeitraum von drei Heizperioden und wiederkehrenden sozialwissenschaftlichen Befragungen. Mit der bereitwilligen Unterstützung des wissenschaftlichen Großvorhabens durch den Bauherrn bot sich als Standort für die Messung eine Neubausiedlung in einem Vorort von Leipzig an.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMethodisch gliedert sich das Projekt in die vier Blöcke Messung, Simulation Befragung, Datenbankorganisation/Statistik. Zur Gewährleistung geringer und einheitlicher In- und Exfiltrationsverluste wurde ein Luftdichtheitskonzept erarbeitet und die Dichtheit der Gebäude (n50 < 2,0 h-1, Projektauflage) während der Bauausführung durch Blower-Door-Messung überprüft. Die Messtechnik wurde in einer Neubausiedlung in 29 identischen Reihenmittelhäusern (Holzständerbauweise, Niedrigenergiestandard) in einem Vorort von Leipzig installiert. Mit den Messgrößen Haushalts-, Heizungs- und Lüfterstrom, Gasverbrauch, Mischgaskonzentration, Raumlufttemperaturen und -feuchte, Öffnungszeiten der Außenfenster und -türen sowie meteorologischen Daten ergibt sich damit eine Datenpunktanzahl von ca. 900, Auflösung 15 min. Parallel erfolgte der Aufbau einer relationalen Datenbank auf einem Institutsrechner mit automatisierter Datenfernübertragung und automatischer Datenplausibilitätskontrolle als Basis für die statistische Auswertung. Für die energetische Bilanzierung relevante Größen, die in der Feldmessung nicht direkt erfassbar sind, sind mittels Simulation, unter Einbeziehung gemessener Eingabegrößen und dynamischer Effekte, zu berechnen. Das hierfür nötige Simulationsmodell wurde mit dem Programmpaket TRNSYS 14.2 erstellt. Für die Befragung wurde ein standardisierter Fragebogen erarbeitet und in einer ersten Erhebung eingesetzt.
Ergebnisse und Diskussion
Luftdichtheit
Die Luftdichtheit von Holzständerkonstruktionen lässt sich nur erreichen, wenn ein in sich geschlossenes konstruktives Konzept vorliegt und alle am Bau beteiligten Gewerke informiert und geschult sind. Die ersterstellten Häuser mit gemessenen n50-Werte um ca. 4-5 h-1 mussten nachgebessert werden, wobei als Problemstellen die Durchführung durch die Luftdichtheitsebene aller Gewerke (Hausanschluss, Ab-gasanlage, Frischluft-/Fortluftkanal, Außenfenster- und -türanschlusse) und zwei- und dreidimensionale Bauteilanschlüsse wie Wand/Wand, Decke/Wand, Dach/Wand beteiligt waren. Nach Schulung aller Handwerker wurden bei den danach erstellten Häusern problemlos n50-Werte zwischen 1,0 und 1,5 h-1 nachgewiesen.
Als Schwierigkeit hat sich herausgestellt, dass die Blower-Door-Messung bei Holzkonstruktionen noch vor der Beplankung der Installationsebene erfolgen muss, um die Zugänglichkeit für Nachbesserungen zu gewährleisten. Andererseits erhält die Folienebene aber im Bereich der Verklebungen erst durch die Beplankung die nötige Festigkeit gegen die aufgeprägten Druckkräfte der Messung.
Befragung
Die Gesamtzufriedenheit in Bezug auf die HL-Technik wurde mit gut bis sehr gut beantwortet. Herausragende Tendenzen oder Probleme konnten nicht festgestellt werden. Ausnahme: Bei Luftheizungen wur-den aus Kostengründen mehrere Räume zu einer Temperaturzone zusammengefasst. Hier zeigte sich bei den Bewohnern die größte Unzufriedenheit, wenn die spätere Nutzung nicht entsprechend der Planung erfolgte. Abhilfe gewährleistete erst eine Nachrüstung durch Stellklappen (Temperaturregelung durch Volumenstromdrosselung).
Messtechnik
Folgende fünf Lüftungskonzepte sind in den 29 Reihenmittelhäusern der Feldmessung vertreten: Fensterlüftung (1), dezentrale Abluftanlage mit Luftnachströmelementen (1), zentrale Abluftanlage mit Luftnachströmelementen und Wärmerückgewinnung durch Wärmepumpe (1), zentrale Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung (15), Luftheizungssystem (11).Die modular aufgebaute Gebäudeleittechnik als Messwerterfassungssystem konnte nach Verzögerungen beim Bau der Siedlung und technischen Schwierigkeiten verspätet im August 1999 in Betrieb gehen. Die ersten Messdaten zeigten, dass einige Anlagen sehr niedrige Kessel-Nutzungsgrade aufweisen, einige sehr häufig takten (An-Aus-Schaltspiele) und manche Lüftungsanlage den Sommer durchgehend in Betrieb sind (allergiebedingt?). Weiter lagen die gemessenen Raumlufttemperaturen der Aufenthaltsräume im Bereich von 21 bis 24 °C.
Energieverbrauch
Der Gasverbrauch gemäß Energiekostenabrechnung der Gebäude für Warmwasser und Heizung lag im Zeitraum 12/97 bis 11/98 zwischen 34 und 97, im Mittel bei 66kWh/(m²a),im Zeitraum 12/98 bis 11/99 zwischen 35 und 96, im Mittel bei 62kWh/(m²a).
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Vortrag: Lüftungssysteme im Wohnungsbau;
OTTI Technologie-Kolleg Innovative Lüftungssysteme, 02.07.1996, Regensburg
Vortrag: Wärmerückgewinnung und Wohnungslüftung - Erfahrungen mit der ZimmerMeisterHaus-Siedlung Leipzig-Knauthain, Fachtagung Energie und Gebäudetechnik, 09.-10.06.1998, HTWK Leipzig
Fachartikel: Niedrigenergiehäuser im Vergleich, TAB 10/96
Fazit
Die notwendigen Vorarbeiten für die Messdatenerfassung, Datenverarbeitung und -auswertung gemäß Zielsetzung sind erfolgreich erbracht. Aufgrund der unvorhersehbaren zeitlichen Verzögerung sollte die Mess- und Auswertphase in ein drittes Teilprojekt verlagert werden.Dabei bietet sich die Abstimmung bzgl. Nutzerbefragung (zum Zwecke der Vergleichbarkeit) und Öffentlichkeitsarbeit/Präsentation mit anderen Vorhaben an. Weiterhin sollten Untersuchungen den neuerdings aufgetauchten hygienischen Bedenken gegenüber Wohnungslüftungsanlagen nachgehen.
Fördersumme
583.868,23 €
Förderzeitraum
15.11.1993 - 10.04.2001
Bundesland
Hessen
Schlagwörter
Climate protection
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik