Weitergehende Abwasserreinigung durch Alternierende Denitrifikation mit Festbettreaktoren
Projektdurchführung
ATZ-EVUSApplikations- und Technikzentrum
Kropfersrichter Str. 6 - 8
92237 Sulzbach-Rosenberg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die biologische Reinigung kommunaler Abwässer mit einem überstauten Festbett und dem Ziel einer weitergehenden Abwasserreinigung ist nicht dem Stand der Technik zuzuordnen. Ein auf diese Art und Weise realisiertes Verfahren, bei dem Abwasser vor Eintritt in den Reaktor mit Sauerstoff beladen wird und eine ruhende Trägermaterialschüttung durchströmt, war bislang vorwiegend im industriellen Bereich eingesetzt.
Eine grundlegende Fragestellung des Projektes war die Übertragbarkeit der Erkenntnisse von Industrieabwasser auf kommunales Abwasser. Hierzu wurde vom ATZ EVUS eine Pilotkläranlage mit 2 Festbettreaktoren bereitgestellt, die mit vorgeklärtem Abwasser der Stadt Sulzbach-Rosenberg betrieben werden konnte. Eine besondere Variante der weitergehenden Abwasserreinigung in Bezug auf Stickstoffelimination stellt das Verfahren der geregelten alternierenden Denitrifikation dar. Im Projekt war zunächst abzuklären, ob das für Submersreaktoren (Belebtschlammverfahren) bereits optimierte N-Eliminationsverfahren der alternierenden Denitrifikation auch auf die Festbettechnologie erfolgreich zu übertragen war. Als Beurteilungskriterium wurden die erzielbaren Ablaufwerte sowie die in dem Trägermaterial erreichten Raumumsatzleistungen herangezogen. Zum direkten Vergleich wurde diese der mit konventioneller Verfahrenstechnik erreichbaren Raumumsatzleistung gegenübergestellt. Daraus sollte beurteilt werden, ob die aus dem industriellen Einsatz bekannten Vorzüge der Festbetttechnologie, wie beispielsweise eine Platzersparnis gegenüber dem Belebungsverfahren, tatsächlich auch bei kommunalem Abwasser zutreffen.
Durch den parallelen Betrieb einer Submersanlage und einer Festbettanlage nach dem Verfahren der geregelten alternierenden Denitrifikation, sollte dieser Vergleich verifiziert werden. Auch hinsichtlich der Suspensa-Eliminationsleistungen sowie der Einhaltung von Ablaufwerten für abfiltrierbare Stoffe sollte das Festbettverfahren mit dem Belebungsverfahren verglichen werden. Zum Test der Praxistauglichkeit wurde auch die Resistenz des Festbettverfahrens gegenüber Schwankungen der hydraulischen Belastung untersucht. Auch die aus industriellen Anwendungen bekannte Widerstandsfähigkeit der Festbettbiologie gegenüber toxischen Stößen sollte anhand einer mit kommunalen abwasserbetriebenen Anlagen überprüft werden. Durch den parallelen Betrieb von Festbett- und Submerstechnologie wurde unter vergleichbaren Bedingungen überprüft, wie leistungsfähig sich mit kommunalem Abwasser betriebene Festbettreaktoren gegenüber einer Submersbiologie hinsichtlich toxischen Belastungen verhalten. Für einen praktischen Einsatz neuer Verfahrenstechniken stellt die Betriebssicherheit in Bezug auf die Einhaltung von Grenzwerten sowie einer funktionierenden Verfahrenstechnik einen weiteren wichtigen Aspekt dar, welchen es zu untersuchen galt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt wurde im gesamten Versuchszeitraum an der im Technikum des ATZ EVUS aufgebauten Festbettanlage sowie der bereits bestehenden Submersanlage durchgeführt. Verschiedene im Verlauf des Projektes auftauchende Fragestellungen wurden durch den Betrieb einer Laboranlage abgeklärt. Der Aufbau der Festbettanlage incl. Probenehmer, die Installation der Steuerung sowie auch die im Verlauf des Projektes notwendigen Änderungen an der Anlage, wie beispielsweise die Programmierung der Steuerung, der Aufbau der Filtrationsmodule sowie die Betreuung der Online-Analysatoren, wurde von Mitarbeitern des ATZ EVUS durchgeführt. Die anfallenden Analysen wurden dabei im Labor des ATZ EVUS untersucht. Zur wissenschaftlichen Begleitung des Projektes konnte Herr Prof. Dr. J. Winter vom Institut für Ingenieurbiologie der Technischen Universität Karlsruhe (früher Universität Regensburg) mit hinzugewonnen werden.
Ergebnisse und Diskussion
Das Verfahren der alternierenden Denitrifikation konnte mit insgesamt zufriedenstellenden Ergebnissen auf der Festbettanlage installiert werden. Dabei war der Ammoniumabbau stark von der geeigneten Verfahrensführung, insbesondere der richtigen Kombination von Zulaufmengen und Dauer der Phasenzeiten, beeinflußt. Die Verfahrensführung beeinflußte den CSB-Abbau nicht so gravierend wie den Ammoniumabbau. Frachtschwankungen im CSB-Zulauf, wie auch hydraulische Schwankungen, konnten von der Anlage sehr gut abgepuffert werden. Auch hinsichtlich der Suspensaelimination wurden sehr zufriedenstellende Ergebnisse erreicht: Auch ohne Nachklärung unterschritt die Festbettanlage bei optimaler Verfahrensführung einen Grenzwert von 20 mg/l. Die Betriebssicherheit war bei täglicher Rückspülung gewährleistet.
Im Vergleich mit der parallel betriebenen Belebtschlammanlage wurden um 150 % höhere volumenbezogene Ammoniumabbauleistungen und um 200 % höhere volumenbezogene Denitrifikationsleistungen durch die Festbettanlage erbracht. Die volumenbezogene Suspensaeliminationsleistung lag um ca. 300 % über der der Belebungsanlage. Die beim Rückspülen ausgetragenen Überschußschlammengen der Festbettanlage betrugen - auf den zugeführten BSB5 bezogen - nur die Hälfte der durch die Belebungsanlage produzierten Überschußschlämme.
Zum Vergleich der Widerstandsfähigkeit gegenüber einem toxischen Schock wurden beide Verfahren in drei Laborreaktoren mit einem Phenolschock beaufschlagt. CSB-Abbauleistungen wie auch die Ablaufwerte wurden von dem toxischen Stoß in den Festbetten wie auch im Belebungsreaktor nicht verschlechtert. Die Festbettreaktoren konnten den Einfluß des Phenolstoßes auf die Ammonium- und Gesamtstickstoffabbauleistungen im Gegensatz zur Belebungsanlage gut abpuffern. Die Ergebnisse zeigten, daß offensichtlich der Biofilm selbst eine gewisse Schutzwirkung, z. B. den Nitrifikanten gegenüber, bietet. Vermutlich durch die absorbierende Wirkung der Aktivkohle bedingt, verursachte der toxische Stoß im Aktivkohlereaktor die geringsten Beeinträchtigungen der Reinigungsleistung.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Resultierend aus den positiven Ergebnissen wird ein Unternehmen eine Kooperation mit dem ATZ EVUS eingehen, um das Verfahren der alternierenden Denitrifikation mit Festbettechnologie zu übernehmen bzw. in die bestehende Technik zu integrieren.
Das Projekt bildet zudem die Grundlage für weitere Entwicklungsvorhaben. Im Rahmen von Beratungstätigkeiten des ATZ EVUS bei verschiedenen Kommunen konnte z. B. bei der Erstellung von Konzeptstudien jeweils auch die Festbettechnologie als alternatives Abwasserreinigungsverfahren in die Diskussion gebracht werden.
Die Ergebnisse des durchgeführten Projekts wurden in der Fachzeitschrift gwa sowie den Berichten der Abwassertechnischen Vereinigung veröffentlicht. Im Verlauf des Jahres 1996 wurden sie bei Posterpräsentationen auf der DECHEMA wie auch auf der GVC-Tagung sowie im Rahmen eines Vortrags beim VDI/VDE-Arbeitskreis Bio- und Umwelttechnik öffentlich präsentiert.
Kontakte: Dr. F. Bischof, A. Weiß, ATZ-EVUS
Fazit
Das Verfahren der alternierenden Denitrifikation konnte trotz der von der Universität Stuttgart teils als schwach identifizierten Stickstoffelimination mit insgesamt zufriedenstellenden, in einzelnen Versuchsabschnitten auch mit guten Ergebnissen, auf der Festbettanlage installiert werden. Dabei war der Ammoniumabbau stark von der richtigen Verfahrensführung, insbesondere der richtigen Kombination von Zulaufmengen und Dauer der Phasenzeiten, beeinflußt. Über das durchgeführte Projekt hinaus ist auch Weiterentwicklungsbedarf deutlich geworden, insbesondere bezüglich der Sauerstoffzuführung, die allein bis zu 70 % der Betriebskosten ausmachen kann, und der automatischen Rückspülung der Festbetten.
Aufgrund der sehr verschiedenen wechselnden Verfahrensführungen sind quantifizierbare Kosten für technische Lösungen in DM pro m3 oder kW/h pro m3 ausgedrückt im Rahmen des Vorhabens noch nicht abschätzbar gewesen. Energiekosten, wie beispielsweise bei konventionellen Klärverfahren, wie für Hebewerke, Schlammräume, Pumpen schlagen kaum zu Buche; so muß z. B. kein interner Nitratkreislauf gepumpt werden.
Leider konnte eine Übertragung des Verfahrens auf die kommunale Kläranlage der Ortschaft Nossen/Sachsen noch nicht erreicht werden. Das ATZ EVUS geht aber davon aus, daß das entwickelte Verfahren insbesondere aufgrund deutlicher betriebswirtschaftlicher Vorteile und der erreichbaren Betriebssicherheit in den Markt eingeführt werden kann. Insgesamt wurden die Ziele des Projektes mit Erfolgen erreicht.
Fördersumme
173.327,95 €
Förderzeitraum
20.09.1993 - 14.02.1997
Bundesland
Bayern
Schlagwörter
Bavaria
Resource conservation
Umwelttechnik