Doberlug-Kirchhain. In der Niederlausitz im Süden Brandenburgs lässt sich ein Naturschatz der besonderen Art entdecken: die DBU-Naturerbefläche Weißhaus. Rund 150 Jahre alte Buchen, Niedermoorgebiete sowie Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten wie das Auerhuhn sollen hier dauerhaft geschützt werden. Verantwortlich dafür ist die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), deren Tochtergesellschaft, das DBU Naturerbe, jetzt einen Naturerbe-Entwicklungsplan für die rund 1.106 Hektar (ha) große Fläche erstellt hat. Für die nächsten zehn Jahre wird darin das Management festgelegt. „Auf 32 Prozent der Waldfläche lassen wir Natur Natur sein – da entwickelt sich schon heute der wilde Wald von morgen“, sagt Prof. Dr. Werner Wahmhoff, Fachlicher Leiter der Stiftungstochter. Lediglich Maßnahmen zur Wiederherstellung eines natürlichen Gewässerhaushalts, des Forstschutzes oder zur Gefahrenabwehr würden dort durchgeführt.
Lichte Kiefernwälder: Typischer Lebensraum für seltene Auerhühner
Die DBU-Naturerbefläche Weißhaus ist ein großes unzerschnittenes Waldgebiet im Norden des Naturparks „Niederlausitzer Heidelandschaft“, einer waldreichen, historisch gewachsenen Kulturlandschaft. Sowohl alte Buchenwälder wie zum Beispiel im Naturschutzgebiet „Hohe Warte“ als auch bereits naturnahe Kiefernwälder sollen zukünftig sich selbst überlassen werden. Insgesamt ist die Fläche durch beerenkrautreiche Kiefernwälder geprägt. „Das ist ein typischer Lebensraum für gefährdete Vogelarten wie zum Beispiel das Auerhuhn“, erläutert Wahmhoff. Spätestens seit Ende der 90er Jahre habe es in Brandenburg als verschollen gegolten. Ein Wiederansiedlungsprojekt der Naturparkverwaltung habe dazu geführt, dass auch auf der Naturerbefläche wieder einzelne Exemplare gesichtet wurden. Nicht zuletzt für die Balz bräuchten die faszinierenden, aber sehr scheuen Tiere lichte, strukturreiche Kiefernwälder oder Kiefern-Eichen-Mischwälder mit niedrigem Unterwuchs aus Heidekraut, Preisel- oder Heidelbeeren. „In einem Waldgebiet von rund 100 ha sollen geeignete Waldlebensräume für das Auerhuhn durch naturschonende Maßnahmen hergestellt und dauerhaft erhalten werden“, so Wahmhoff.
Alt- und Totholzentwicklung wird gefördert
Von strukturreichen Wäldern und einer naturnahen Entwicklung würden auch seltene Fledermausarten profitieren, die im Wald Quartiere nutzen und nachts nach Insekten jagen. Großes Mausohr, Mops- und Bechsteinfledermaus sind streng geschützt; ihr Vorkommen auf der Naturerbefläche Weißhaus sei von europaweiter Bedeutung. „Die Tiere verstecken sich tagsüber gerne zum Beispiel hinter abgeplatzter Rinde oder in Baumhöhlen. Wegen der vielen Tier- und Pflanzenarten mit spezieller Anpassung fördern wir die Alt- und Totholzentwicklung. Außerdem verzichten wir bewusst auf den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln“, erklärt Privatdozentin Dr. Heike Culmsee, Leiterin der Naturerbe-Entwicklungsplanung auf DBU-Naturerbeflächen. Die Maßnahmen zur Erhaltung solcher streng geschützter Tierarten wurden eng mit dem Landesamt für Umwelt und der Naturparkverwaltung abgestimmt, denn die Naturerbefläche ist auch Teil des Fauna-Flora-Habitat-Gebiets „Hohe Warte“. Das Land Brandenburg wolle den Naturerbe-Entwicklungsplan in den Managementplan für das Natura 2000-Gebiet, der derzeit bearbeitet wird, übernehmen, so Culmsee.
Forstschutzmaßnahmen an den Außengrenzen
Insbesondere im Jahr 2016 hat sich die Kiefernbuschhornblattwespe im Gebiet stark vermehrt. Dadurch beschleunigte sich die Auflichtung der Kiefernbestände. Auch der Alt- und Totholzanteil stieg schneller an. „Aus Naturschutzsicht ist das gut, denn dadurch konnten einzelne Teilflächen schneller als ursprünglich gedacht als naturnah eingestuft werden. Waldumbau ist jetzt auf rund 332 ha nicht mehr erforderlich“, erklärt Andreas Petzel, DBU-Koordinator. Er ist Mitarbeiter des Bundesforsts, einer Sparte der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), mit dem die Stiftungstochter bereits seit vielen Jahren auf den bundesweit 71 DBU-Naturerbeflächen zusammenarbeitet. Um eine Ausbreitung von Pracht- und Borkenkäferarten von der DBU-Naturerbefläche auf angrenzende Waldstücke zu verhindern, führe das DBU Naturerbe in Randbereichen Forstschutzmaßnahmen durch. Petzel: „An den Außengrenzen werden wir in einem circa 500 Meter breiten Gürtel befallene Bäume entnehmen und entfernen, um die Ausbreitung von nachfolgenden Schädlingen in die Nachbarflächen Dritter zu verhindern.“ Solche Eingriffe erfolgten in Abstimmung mit der zuständigen Forstbehörde.
Besonderheiten: Buchen, Fichten, Moore und Heiden
„Besonderheiten der Naturerbefläche Weißhaus sind die pflanzengeographisch wertvolle Buchenwaldinsel im Naturschutzgebiet ‚Hohe Warte‘ und Restvorkommen der heimischen Niederlausitzer Tieflandfichte“, erklärt Culmsee. In Beckenlagen und Niederungen kommen naturnahe Niedermoore wie die Kleine und Große Vehne im Norden des Gebietes und Feuchtwälder im Osten vor. Nur vergleichsweise kleine Flächen sind waldfrei und von Heiden bewachsen, die auf die ehemalige militärische Nutzung des Gebietes zurückgehen. So wurde etwa die heutige 40 ha große Heidefläche im östlichen Teil der Naturerbefläche in den 90er Jahren als Schießplatz für Laserwaffenübungen ohne scharfe Munition geschaffen. Mitte 2007 wurde die militärische Nutzung des Standortes, bis auf drei Einrichtungen außerhalb der Naturerbefläche, aufgegeben. Im Jahr 2008 wurde die Übergabe der zum Nationalen Naturerbe gehörenden Fläche zur dauerhaften Sicherung von Naturschutzzielen an die Stiftungstochter mit der BImA vertraglich vereinbart.
Naturschutz auf rund 70.000 Hektar ehemaliger Militärfläche
Die Stiftungstochter ist im Rahmen des Nationalen Naturerbes verantwortlich für bundesweit 71 DBU-Naturerbeflächen. Auf den insgesamt rund 70.000 Hektar in zehn Bundesländern – größtenteils ehemalige Militärflächen – sollen offene Lebensräume mit seltenen Tier- und Pflanzenarten durch Pflege bewahrt, Wälder möglichst ohne menschlichen Eingriff ihrer natürlichen Entwicklung überlassen, artenarme Forste zu naturnahen Wäldern umgewandelt und Feuchtgebiete sowie Gewässer ökologisch aufgewertet oder erhalten werden.