Osnabrück. Sie sind beliebte Symbole in Lyrik, Prosa, Filmen und Lebensart. Nach der nordischen Mythologie hatte der Gott Odin immer auf jeder Schulter eine von ihnen sitzen. Sie sollten ihm berichten, was auf der Welt so vor sich ging. Weltweit spielen sie eine Rolle in Sagen und Märchen und haben alten Göttern und Königen ihre Weisheit und Intelligenz geschenkt: Raben und Krähen. Berichten, was in der Welt so vor sich geht? Zumindest, was in der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) im vergangenen Jahr so lief, das beleuchten die „Nahner Feldkrähen“ alljährlich beim DBU-Sommerfest. Intelligent und mit einer gehörigen Portion Ironie nimmt die Theatergruppe, die am damaligen DBU-Sitz in Osnabrück – Im Nahner Feld – die ersten Gehversuche wagte, das Geschehen in der DBU seit 25 Jahren gehörig aufs Korn. Damals noch zart, heute manchmal – etwas härter…
Start mit drei Perücken – heute 535 Kostüme im Fundus
Christine Busch, Vorzimmerdame beim stellvertretenden DBU-Generalsekretär Prof. Dr. Werner Wahmhoff, erinnert sich als „Mutter der Kompanie“ an die Entstehungsgeschichte und die ersten vorsichtigen Gehversuche, die sie unter anderem mit den Kolleginnen Heike Stock und Heike Knorn unternommen hatte. In einem Kolleginnen-Zirkel am Feierabend, der sich bald zum Freundinnen-Zirkel mauserte, entstand nach einer DBU-Mitarbeiterfahrt nach Sachsen-Anhalt der dringliche Wunsch, das ein oder andere optimierungsfähige Erlebnis dieser Tour humoristisch aufs Korn zu nehmen. Da Christine Busch schon bei Klassenfahrten und Hochzeiten gefilmt, das Material geschnitten und vertont hatte, blitzte die Idee auf, ein Theaterstück zu inszenieren und „Werbespots“ einzuschieben – alles mit einem Inhalt: die DBU. Mit drei Mützen, Perücken und Sonnenbrillen ging es los. Heute lagern im „Krähen“-Fundus 535 Kostüme. Themenengpässe? Längst liefern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von DBU und „Töchtern“ im Jahresverlauf alles zu, was sie für „Krähen“-fähig und -würdig halten…
Zusammenhang von Humor und Management Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung
Das, was sich die „Nahner Feldkrähen“ so an Themen im jeweiligen Jahresrückblick „ausgeguckt“ hatten, nahm auch die jeweiligen Generalsekretäre durchaus „ins Gebet“: Nie beleidigend, aber doch mit einem Augenzwinkern in Richtung Chefs. Ein Ansatz kritischer (Selbst-)Reflexion, der Dr. Stefan Klaußner, damals noch Junior-Professor am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Uni Kassel und heute selbstständiger Berater von Organisationen, spontan interessierte. Mit seiner damaligen Freundin (und heutigen Frau) Eva, die im DBU-Pressereferat ein Volontariat absolvierte, hatte er die „Feldkrähen“ live erlebt und sich köstlich unterhalten. Spontan kam er auf die Idee, den Zusammenhang von Humor und Management wissenschaftlich zu untersuchen. Humor sei ein Ventil und eine gute Möglichkeit, „von unten nach oben ein Feedback zu geben und Kritik anzubringen, wie es sonst nicht so möglich ist“.
Mitarbeiter mit kritischen Rückmeldungen sehr zurückhaltend
Generell fehle es gerade in sehr hierarchischen Organisationen oft an geeigneten Rückkopplungs-Möglichkeiten „nach oben“, erläutert Klaußner. Aktuelle Studien zeigten, dass mehr als 50 Prozent der Mitarbeiter mit ihren Vorgesetzten unzufrieden seien. Natürlich gebe es heutzutage vielerorts Führungs- und Jahresgespräche. Doch die Forschung zeige, dass Mitarbeiter mit kritischen Rückmeldungen sehr zurückhaltend seien – insbesondere was das Führungsverhalten ihrer Vorgesetzten angeht –, weil sie negative Konsequenzen fürchteten. Humor sei eine gute Alternative, weil er eine Rückzugsebene besitze. Klaußner: „Man kann immer sagen: Das war doch nur Spaß!“ Aber auch das klappe nicht immer. Klaußner: „Wenn die Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern gut ist, funktioniert das mit dem Humor als Feedbackkanal meist gut. Da geht auch mal ein Witz, wenn der nicht zu persönlich wird. Wenn die Beziehungen spannungsvoll und von Druck geprägt sind, dann wird daraus leicht Zynismus. Der wird schnell destruktiv. Dann leidet das Arbeitsklima auf Dauer. Konflikte im Unternehmen können bis zur Hälfte der Produktivität kosten.“
81 Mitarbeiter schlüpften in 689 Rollen auf der Bühne
Wenn die „Nahner Feldkrähen“ jetzt beim DBU-Sommerfest Ende August ihr witzig-frisches-bissiges Programm wieder präsentieren, werden bis dahin schon insgesamt 81 Mitarbeiter von DBU und DBU-„Töchtern“ ein- oder mehrmals in insgesamt 689 Rollen auf der Bühne gestanden, 22 Stunden und 45 Minuten die Kolleginnen und Kollegen aufgeheitert und 69 Lieder geträllert haben. Für „Neulinge“ gerade in gehobener Position produziert dieses interne Theater im Vorfeld oft ein gewisses Gefühl der Unsicherheit, was wohl auf sie zukommen mag. Dabei tut es gar nicht weh: Nur Mut, (Neu-) Generalsekretär Alexander Bonde…
Franz-Georg Elpers, DBU