Zossen. Im Nordosten Brandenburgs sind bis heute noch viele mittelalterliche Wandmalereien in Kirchen erhalten – vor allem auf dem Land. Doch Schadstoffe, etwa aus nahegelegenen Fabriken, gefährden ihren Bestand. „Nur durch regelmäßiges Warten und Pflegen kann ihr Erhalt sichergestellt werden“, sagt Mechthild Noll-Minor, Leiterin des Referats Restaurierung und Bauforschung des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums in Zossen. „Viele kleine Dorfgemeinden haben nicht die finanziellen Mittel, um Malereien mit speziellen Geräten oder Fachpersonal zu warten. Deshalb wollen wir eine kosten- und ressourcenschonende Methode entwickeln, mit der Schäden frühzeitig erkannt und die historischen Kunstwerke für die nächsten Generationen erhalten werden können.“ Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Projekt mit 124.000 Euro.
Schadstoffe aus Fabriken, Kraftwerken und der Landwirtschaft
Neben den Schadstoffen aus Fabriken und Kraftwerken seien die Malereien auch durch den Ausstoß von Schadstoffen aus der Landwirtschaft gefährdet, sagt DBU-Experte Dr. Paul Bellendorf. „Zum Beispiel gelangen durch das vermehrte Düngen auf Anbauflächen von Energiepflanzen etwa Nitrat oder Schwefel über den Regen und die Oberflächengewässer in das Mauerwerk naheliegender Kirchen und können so die Wandmalereien schädigen.“ Beim Verbrennen fossiler Energieträger würden ebenfalls Schadstoffe freigesetzt und gelangten über die Luft in die Fassaden, wo sie über lange Zeit in Form schädigender Salze in Mauerwerk und Putz blieben. So habe dort unter anderem die schwefelhaltige Braunkohleverstromung vor den neunziger Jahren bis heute ihre Spuren hinterlassen.
Schädigende Substanzen an Wandmalereien über lange Zeit mit bloßem Auge nicht erkennbar
Schädigende Substanzen an Wandmalereien seien über lange Zeit mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen, so Bellendorf. Entscheidend für den Erhalt der Kunstwerke sei es daher, früh genug mit geeigneten Maßnahmen einzugreifen. Dafür sei eine Bestandsdokumentation, eine regelmäßige Kontrolle und seien Kenntnisse über die für das jeweilige Objekt erwarteten Schadensprozesse nötig. Nachhaltiges Restaurieren bedeute, die Abstände zwischen Untersuchen, Warten und Pflegen möglichst auszudehnen, um das Beanspruchen des Kulturguts, den Einsatz von Material und die Kosten möglichst gering zu halten.
Vergleich von kostengünstigen mit teuren Verfahren
Um den Ist-Zustand zu erfassen, würden zunächst restauratorische, kunst- und bauhistorische Untersuchungen durchgeführt, sagt Noll-Minor. Unter anderem werde die Feuchtigkeit gemessen und würden chemische und mineralogische Analysen vorgenommen, um zum Beispiel Pigmentveränderungen und Salzgehalte zu bestimmen. Mit Hilfe von Fotografien und Kartierungen von vorherigen restauratorischen Erfassungen solle festgestellt werden, welche Veränderungen und Schäden im Laufe der Jahre an den Malereien aufgetreten seien. Schließlich solle ermittelt werden, ob kostengünstige Verfahren in der Langzeitbeobachtung der Wandmalereien sinnvoll eingesetzt würden und welche Ergebnisse sie im Vergleich zu kostenintensiven Untersuchungs- und Analyseverfahren lieferten.
Mobile Messgeräte
Noll-Minor: „Heute kann zum Beispiel zerstörungsfrei mit mobilen Messgeräten ermittelt werden, mit welchem Material die Farben aufgetragen wurden. Im Gegensatz zu aufwändigen Laboranalysen sind viele dieser Verfahren nicht so teuer, es wird keine Substanz entnommen, und eine Auswertung ist direkt vor Ort am Objekt möglich. Wir prüfen auch, wie Veränderungen in der Malschicht mit Farbwert-Messungen nachvollziehbar dokumentiert werden können.“
Untersuchungen an national bedeutenden Kirchen
Die Untersuchungen würden in national bedeutenden Kirchen mit mittelalterlichen Wandmalereien wie der Marienkirche in Frankfurt/Oder, dem Kloster Chorin und weiteren spätromanischen und frühgotischen Feldsteinquaderbauten mit bauzeitlichen Putz- und Farbgestaltungen in der Uckermark und im Oderland durchgeführt. „An vielen dieser Gebäude haben wir bereits vor einigen Jahren in einem DBU-geförderten Projekt Schäden an Putzen und Mörteln erfasst und können mit den anstehenden Untersuchungen auf den Ergebnissen aufbauen“, sagt Noll-Minor.
Ergebnisse digital und in Buchform veröffentlichen
Die Resultate des Projekts sollen digital und in Buchform erscheinen. Zudem sollten die Erkenntnisse auch in die Normen zum Erhalt umweltgeschädigter Kulturgüter einfließen. Kooperationspartner sind die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in Berlin, das Institut für Erd- und Umweltwissenschaften der Universität Potsdam und der Fachbereich Architektur und Städtebau der Fachhochschule Potsdam.
Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 31390): Dipl.-Rest. Mechthild Noll-Minor, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, Mobil: 0173/9013614, Telefax: 033702/71202