Cuxhaven. Nur knapp fünf Minuten braucht Landwirt Arne Hasenkampf mit seinem Pickup von seinem Hof im Ortsteil Berensch zur DBU-Naturerbefläche Cuxhavener Küstenheiden. Jede Bodenwelle und jede Kurve kennt er schon im Schlaf, denn die Strecke fährt er täglich. Hasenkampf betreut hier auf rund 400 Hektar Wisente, Konik-Wildpferde und Heckrinder. Gemeinsam verhindern sie, dass das Offenland zuwächst und nach und nach zu Wald wird.
Koniks und Heckrinder fördern biologische Vielfalt
Einst übten hier Soldaten und hielten durch Fahr- und Munitionsübungen offene Landschaftsbereiche wie die weitläufige Heidefläche frei von Baumaufwuchs. Heute ist die Fläche dem Naturschutz gewidmet und gehört der gemeinnützigen Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), dem DBU Naturerbe. 2006 zogen dann tierische Landschaftspfleger ein, um die Kulturlandschaft freizuhalten. „Mein Vater Reinhard bewarb sich im Rahmen eines EU-Life-Projektes des Landes Niedersachsen für die Betreuung der Fläche mit Heckrindern, Konik-Wildpferden und Wisenten. Mit 11 Konik-Pferden und 24 Heckrindern starteten wir mit der extensiven Beweidung. Aktuell sind es rund 91 Tiere“, erzählt Hasenkampf. Auf 350 Hektar weiden derzeit 47 Heckrinder und 27 Koniks, die mehr „wilde Gene“ in sich tragen als andere Hauspferderassen. Nicht nur der Appetit der Vierbeiner hält Gräser kurz und Bäume klein. Durch ihre Huftritte entstehen ebenso offene Bodenstellen, in denen lichtbedürftige Pflanzen gut keimen und Insekten einen Lebensraum finden. Im Fell der Tiere verfangen sich Samen, die so über die Fläche verbreitet werden und Kothaufen sind Nahrung und Zuhause für viele Käfer und Insekten, die wiederum ein wahres Buffet für Vögel und Fledermäuse darstellen. Hasenkampf: „Hier tummeln sich eine Vielzahl an Schmetterlingen, Laufkäfern, Libellen und Bienen.“ Der Landwirt weiß, wie wichtig seine Arbeit für den Schutz der biologischen Vielfalt ist. „Wenn wir unsere Lebensgrundlage erhalten wollen, müssen wir uns deutlich mehr für Biodiversität einsetzen“, betont der 35-Jährige. Ganzjahresweiden mit ihrer vergleichsweisen geringen Anzahl an Weidetieren stellen eine besonders schonende Form der Naturnutzung dar, da dort auch spezialisierte Tier- und Pflanzenarten Lebensräume ihren Platz finden – optimale Grundvoraussetzungen, um biologische Vielfalt zu fördern.
Wisentbulle Benno – von der Großstadt an die Küste
Weiter im Norden der DBU-Naturerbefläche weiden aktuell 17 Wisente auf knapp 50 Hektar. Die mit zwei Metern größten Landsäugetiere Europas sind eindrucksvolle, ruhige und genügsame Pflanzenfresser. Sie waren Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa in freier Wildbahn schon ausgerottet, bevor eine Initiative zur Erhaltungszucht ihr Überleben sicherte. „Wisentbulle Benno brachte 2020 frisches Blut aus dem Berliner Zoo in die Herde. Wir sind in ganz Europa vernetzt, um das Stammbuch der Wisente möglichst abwechslungsreich weiterzuführen und tauschen regelmäßig Zuchtbullen mit anderen Betrieben“, erklärt Hasenkampf. Um die Tiere zu entdecken, brauchen Besucherinnen und Besucher mitunter ein wenig Geduld. „Wisente haben einen großen Bewegungsradius und nehmen die ganze Weide ein, die zu zwei Drittel von Wald bedeckt ist. Dabei halten sie sich vornehmlich in den Waldblöcken auf, die ihnen im Sommer Schatten spenden und in Herbst- und Wintermonaten Wind- und Wetterschutz bieten“, erklärt Hasenkampf, während er in Richtung Waldrand späht. Dann treten die ersten Tiere auf die Lichtung und nähern sich gemächlich. „Die ruhige Art der Tiere erdet und fasziniert mich sehr“, sagt Hasenkampf mit einem leichten Lächeln im Gesicht.
Infokasten: Ausflugstipp Cuxhavener Küstenheiden
Zu Fuß, mit dem Rad oder auch auf dem Pferd führen eine elf Kilometer lange Themenroute sowie ein vier Kilometer langer Entdeckerpfad an dem Wisent-Gehege und der Weide der Konik-Wildpferde und Heckrinder von Arne Hasenkampf vorbei. Das im März eingeweihte neue Beschilderungskonzept informiert über die abwechslungsreiche Kultur- und Landschaftsgeschichte sowie die biologische Vielfalt der DBU-Naturerbefläche Cuxhavener Küstenheiden.