Osnabrück. Der Gebrauch von Medikamenten hat Folgen – auch für die Umwelt: „Einige Wirkstoffe werden beim Aufbereiten des Abwassers nicht vollständig entfernt und gelangen zum Teil sogar ins Trinkwasser. Sie sind ein Risiko für die menschliche Gesundheit und schädigen nachweislich Tiere und Pflanzen“, sagte Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), heute in Osnabrück. Mit der neuen Förderinitiative „Nachhaltige Pharmazie“ möchte die Stiftung verstärkt Modellprojekte initiieren, die darauf abzielen, Arzneimittelrückstände in der Umwelt zu vermindern oder zu vermeiden und neue ressourcenschonende und schadstoffarme Produktionsverfahren voranzutreiben. Die Initiative richtet sich an kleine und mittelständische Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen – Kooperationen sind ausdrücklich erwünscht. Die Förderleitlinien, Verfahrensbestimmungen und Infos zu laufenden Projekten sind online abrufbar.
"Nachhaltige Pharmazie betrachtet Lebenszyklus eines Arzneimittels"
„In der nachhaltigen Pharmazie geht es nicht allein darum, ein wirksames Medikament herzustellen. Sie betrachtet den gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels und dessen Einfluss auf die Umwelt: vom Rohstoffeinsatz über das Entwickeln und Herstellen bis hin zum Verschreiben, dem sachgemäßen Gebrauch, dem Entsorgen und dem Verbleib in der Umwelt“, betonte Dr. Maximilian Hempel, Leiter des DBU-Referates Umweltchemie. Vor allem das Herstellen von Medikamenten sei noch immer mit einem hohen Verbrauch an Rohstoffen, Lösungsmitteln und Energie sowie einem hohen Abfallaufkommen verbunden. Für die Produktion von einem Kilogramm Arznei würden durchschnittlich 3,2 Kilogramm Lösungsmittel und 5,4 Liter Wasser verbraucht sowie 5,4 Kilogramm Abfall entsorgt.
Medikamentenreste in Böden, Flüssen, Seen, Grund- und Trinkwasser
Nach dem Gebrauch würden die Substanzen vom Körper ausgeschieden, erklärte Hempel. Unverbrauchte oder abgelaufene Medikamente würden oft auch einfach achtlos über die Toilette entsorgt. Heute ließen sich Arzneimittelrückstände in Böden, Flüssen, Seen sowie im Grund- und Trinkwasser feststellen – mit gravierenden Folgen für die Umwelt: „Bei Fischen konnte zum Beispiel eine ‚Verweiblichung‘ nachgewiesen werden durch Wirkstoffe aus der Anti-Baby-Pille, die die Wasseraufbereitung passieren. Außerdem sind Geier-Populationen in Indien und Pakistan im Bestand bedroht, weil Rinder mit speziellen Schmerzmitteln behandelt werden“, sagte er weiter.
Initiative für umweltfreundliche Synthese- und Aufreinigungsverfahren
In der Förderinitiative sollen laut Hempel vor allem Projekte berücksichtigt werden, die wesentliche Merkmale erfüllen: „Wir unterstützen Vorhaben, in denen mit Methoden der „Green Chemistry“ oder der industriellen Biotechnologie neue umweltfreundliche Synthese- und Aufreinigungsverfahren entwickelt werden und die dazu beitragen, dass bestimmte Wirkstoffe vom Körper besser aufgenommen, transportiert und umgewandelt werden können. Des Weiteren unterstützen wir Projekte, die die Darreichungsform von Medikamenten – ob als Zäpfchen, Tabletten oder Pulver – so zu optimieren versuchen, dass möglichst ein nur geringer Teil vom Körper wieder ausgeschieden wird und damit in die Umwelt gelangen kann. Außerdem spielen Projekte eine Rolle, die an der Entwicklung geeigneter Ersatzstoffe für umweltgefährdende Substanzen arbeiten.“