Hannover/Osnabrück. Als „besonders wichtige Botschaft“, mitten in der Corona-Pandemie „andere große Menschheitsaufgaben“ nicht aus den Augen zu verlieren, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gewürdigt. Die Auszeichnung in Höhe von 500.000 Euro zählt zu den höchstdotierten Umweltpreisen in Europa und ist heute zu gleichen Teilen an Klima-Ökonom Prof. Dr. Ottmar Edenhofer sowie an die Geschwister Annika und Hugo Sebastian Trappmann als Geschäftsführende der Blechwarenfabrik Limburg verliehen worden. Einen mit 10.000 Euro dotierten DBU-Ehrenpreis erhielt Insektenforscher Dr. Martin Sorg.
Beim Festakt zur Verleihung in Hannover sagte Steinmeier, der wegen einer Quarantäne ein Video-Grußwort schickte, die Corona-Pandemie habe gelehrt, dass Veränderung „nicht allein mit Verboten und Sanktionen“ gelinge. Vielmehr sei die Bereitschaft notwendig, Verantwortung nicht vollständig an Staat und Gesellschaft zu delegieren. „Es kommt auch auf den Einzelnen an“, so Steinmeier. Er erinnerte an „die großen Zukunftsaufgaben, die vor uns liegen“. Die Forderung des Bundespräsidenten: „Wir müssen nachdenken, wir müssen umdenken, manchmal sogar radikal umdenken: wie wir arbeiten, was wir produzieren, wie wir wirtschaften, wie wir uns fortbewegen und was wir essen.“ Das werde allen zwar „einiges abverlangen“, so Steinmeier. „Aber Sorge sollten wir nicht haben, wenn sich manches ändert. Sorge müssen wir haben, wenn sich nichts ändert!“
DBU-Generalsekretär Alexander Bonde sagte, das „bemerkenswerte Grußwort des Bundespräsidenten“ sei für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt Ansporn und Leitgedanke zugleich. Bonde: „Der Hinweis des Bundespräsidenten, trotz der widrigen Umstände im Moment die großen Zukunftsaufgaben nicht aus den Augen zu verlieren, ist nur allzu berechtigt. Er beflügelt die DBU in ihrem Bemühen, Lösungen für eine grüne Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.“ Das sei auch ein Ziel des Deutschen Umweltpreises. „Die Stiftung wird nicht nachlassen, den notwendigen Wandel finanziell und fachlich zu begleiten – und dabei im Blick zu behalten, dass die Veränderungen verantwortlich und zugleich gerecht vonstattengehen, wie es auch Prof. Dr. Edenhofer immer wieder formuliert hat“, sagte der DBU-Generalsekretär.
Ein „mitunter auch gefürchteter“ Verhandler
Die Wege Edenhofers und Steinmeiers kreuzen sich nach dessen Worten „seit vielen Jahren“ und „nicht zum ersten Mal in Krisensituationen“. So habe Edenhofer nach der Krise auf den globalen Finanzmärkten „Orientierung gegeben, wie beim notwendigen wirtschaftlichen Wiederaufbau der Klimaschutz nicht unter die Räder kommt“. Der Klimawandel mit seinen ökonomischen und sozialen Folgen seien Edenhofers „Lebensthema“. Er berate den Papst ebenso wie Weltbank und Bundesregierung und sei ein international geschätzter, „mitunter auch gefürchteter“ Verhandler.
Eine „echte deutsche Industriegeschichte“ nannte Steinmeier die seit 150 Jahren bestehende Blechwarenfabrik Limburg, als deren Geschäftsführende Annika und deren Bruder Hugo Sebastian Trappmann mit dem Deutschen Umweltpreis der DBU gewürdigt wurden. Mit dem Neubau des Betriebs sei ein unternehmerisches Wagnis verbunden gewesen. „Aber Sie waren überzeugt, dass das Unternehmen nur dann zukunftsfähig ist, wenn es sich modernisiert und möglichst sparsam und intelligent mit Ressourcen und Energie umgeht“, so der Bundespräsident. Das Ergebnis sei beeindruckend: „Die jetzt größere Blechwarenfabrik verbraucht weniger Rohstoffe und stößt 2.600 Tonnen Kohlendioxid weniger aus als vor dem Umzug.“
Bundespräsident warnt vor „einem Rückfall in nationale Nabelschau“
„Herzblut“ und „Leidenschaft“ zeichnen laut Steinmeier den von der DBU mit einem Ehrenpreis geehrten Insektenforscher Dr. Martin Sorg aus. Ihm und dem Entomologischen Verein Krefeld sei zu verdanken, dass „wir heute viel genauer wissen, welch dramatische Folgen der Artenschwund im Reich der Insekten für unser Ökosystem hat, dass wir darüber als Gesellschaft diskutieren“. Steinmeier warnte schließlich vor „einem Rückfall in nationale Nabelschau“. Damit sei weder gegen die Pandemie noch gegen den Klimawandel der Kampf zu gewinnen. Beide Krisen könnten „alle treffen, aber sie treffen nicht alle gleich“. Die Menschen in ärmeren Ländern des Südens seien „ungleich härter“ betroffen. Der Bundespräsident: „Das bedeutet Verantwortung für die reicheren Länder des Nordens und ist Verpflichtung zu handeln.“