Peenemünde. „Gleich drei Fliegen wurden sprichwörtlich auf der DBU-Naturerbefläche Peenemünde mit einer Klappe geschlagen“, erläutert Prof. Dr. Werner Wahmhoff, fachlicher Leiter des DBU Naturerbes, den Neubau eines Einflughauses für Fledermäuse zum Keller unterhalb der Ruine der alten Hauptwache Peenemünde. Das bedeutsame Winterquartier können Fledermäuse nun durch speziell gestaltete Einflugöffnungen des schlichten und dem Landschaftsbild angepassten Gebäudes erreichen. Die ursprüngliche bodentiefe Kelleröffnung, die sowohl den ehemaligen Fledermauseinflug als auch eine Gefahrenquelle für Besucher und Kleintiere darstellte, wurde verschlossen. So kommt das DBU Naturerbe drei Zielsetzungen nach: der Verkehrssicherungspflicht, dem Denkmal- sowie dem Artenschutz. „Das konnte vor allem durch die vorbildliche Zusammenarbeit von örtlichen Denkmal- und Naturschutzbehörden und insbesondere gemeinsam mit ehrenamtlichen Fledermausschützern gelingen“, betont Wahmhoff.
Verkehrssicherung zum Schutz der Fledermäuse und der Besucher
Was für die Fledermäuse die Haustür zu ihrem Quartier ist, könne für Kleinsäugetiere und Amphibien, aber auch für Besucher der DBU-Naturerbefläche Peenemünde gefährlich sein – die ungesicherte, bodentiefe Öffnung der Kellerdecke der alten Hauptwache Peenemünde. Gleichzeitig ermögliche das Loch in der Erde Katzen, Mardern und teilweise auch Eulen die leichte Jagd auf Fledermäuse. „Der vorherige Zustand erinnerte an einen ‚Futterautomat‘, verdeutlicht Revierleiter Uwe Wobser, Bundesforstbetrieb Vorpommern-Strelitz, die ehemalige Situation. Die Fressfeinde warten vor der Kelleröffnung bis eine Fledermaus in die Kellerräume einfliegt oder diese verlässt und schnappen sich ihre Beute. Mit dem neu errichteten Einflughaus haben die Fledermäuse nun verschiedene Möglichkeiten, das unterirdische Winterquartier zu erreichen, da es rings herum mehrere, hoch gelegene Einflugöffnungen gibt. Sollte ein Beutegreifer auf dem Dach warten, so können die Fledermäuse aus unterschiedlichen Richtungen und Anflugwinkeln in das sichere Versteck gelangen. „Die Schließung der Kelleröffnung ist eine notwendige Sicherheitsmaßnahme, die durch die Zusammenarbeit verschiedener Akteure im Sinne des Artenschutzes erfolgreich realisiert werden konnte“, erläutert Dr. Uwe Fuellhaas, Experte für Gewässer- und Feuchtgebietslebensräume im DBU-Naturerbe, der das Projekt koordinierte. Mit dem Neubau des Einflughauses über dem ehemaligen Kellerabgang konnte die fallgrubenartige Öffnung der Kellerdecke zweckdienlich verschlossen werden.
Denkmal- und Naturschutzwert berücksichtigen
Die ehemalige Hauptwache und viele andere Bauruinen erinnern auf dem 25 Quadratkilometer großen Gelände der ehemaligen Heeresversuchsanstalt Peenemünde, die im Zweiten Weltkrieg von den Alliierten bombardiert wurde, an die militärische Vergangenheit des Inselnordens von Usedom. Neben einzelnen Bodenplatten, Säulen- und Wandfragmenten ist vornehmlich die Kelleranlage der Hauptwache gut erhalten geblieben und dient heute Fledermäusen als Winterquartier. Das Aufeinandertreffen von natur- und kulturhistorischen Anforderungen berücksichtigten die Untere Denkmalbehörde, das Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege Schwerin, der Bundesforst, die Mitglieder der Fachgruppe Fledermausschutz im NABU Kreisverband Greifswald sowie das lokale Bauunternehmen Lutz Genz bei der Konzeption und dem Bau des Einflughauses. So wurde ein spezieller und unauffälliger Backsteintyp als Mauerstein verwendet, der das schlichte Gebäude in das Landschaftsbild integriere.
Bedeutsames Winterquartier bleibt erhalten
In der Regel von Oktober bis März halten Fledermäuse Winterschlaf. Fledermausarten, wie sie auch im Keller der alten Hauptwache Peenemünde vorkommen, benötigen dafür temperaturstabile Quartiere, die eine hohe Luftfeuchtigkeit aufweisen. Der Keller unter der Ruine der ehemaligen Hauptwache Peenemünde erfülle eben diese Kriterien und biete neben Wasserfledermäusen auch den seltenen Arten wie Teichfledermaus und Großes Mausohr Unterschlupf. Neue Hohlblocksteine an der Decke sollen den Fledermäusen zusätzliche Hang- und Versteckmöglichkeiten bieten. „Noch hängen die Fledermäuse meist frei an den Wänden und der Decke. Eine solche Optimierungsmaßnahme kann die Anzahl der Fledermäuse in einem Keller deutlich erhöhen, wie Erfahrungen in anderen Objekten in Peenemünde gezeigt haben. Derzeit nutzen etwa 15 Tiere regelmäßig das Quartier und im nächsten Jahr könnten es mit den neuen Hangstrukturen bereits doppelt so viele sein“, schätzt Anne Petzold von der Fachgruppe Fledermausschutz im NABU Kreisverband Greifswald, die das Projekt mit ihrer Erfahrung und ihrem Fachwissen von Beginn an mit großem Engagement unterstützt hat. Eine Luke biete zukünftig den Fledermausschützern Zugang zu den Kellerräumen, um den Bestand zu kontrollieren und zusätzliche Optimierungen vornehmen zu können.