Rüthnick. Auf der DBU-Naturerbefläche Rüthnicker Heide im Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Brandenburg) beginnt jetzt ein Experiment: Die gemeinnützige Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die DBU Naturerbe GmbH, will in Kooperation mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt und der Georg-August-Universität Göttingen herausfinden, unter welchen Bedingungen sich aus einem Wirtschaftswald möglichst schnell ein naturnaher Laubmischwald entwickelt. Geklärt werden soll auch, welche Rolle abgestorbenes Holz für die Entwicklung eines Laubmischwaldes spielt und inwiefern sich der Renaturierungsprozess beschleunigt, wenn Bundesforstmitarbeiter junge Laubbäume pflanzen. Im ersten Schritt fällen Waldarbeiter 20 Prozent der Kiefern auf rund 55 der insgesamt 3.850 Hektar großen DBU-Naturerbefläche.
DBU-Tochter flankiert Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt
„Wir möchten die Wälder auf unseren 47 Flächen so renaturieren, dass wir sie langfristig sich selbst überlassen können“, betont DBU-Generalsekretär und Geschäftsführer der DBU-Tochter, Dr. Heinrich Bottermann. Damit flankiert die Osnabrücker Gesellschaft ein Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt: Mindestens fünf Prozent der Wälder in Deutschland sollen sich zukünftig natürlich entwickeln.
Waldarbeiter mit Fingerspitzengefühl gefragt - vier Versuchsvarianten schaffen Vergleichsmöglichkeiten
Die Rüthnicker Heide liegt im Löwenbergerland, südlich von Grieben und östlich von Rüthnick, eine Stunde nördlich von Berlin. Bis Ende Januar werden die Waldarbeiter des Bundesforstbetriebes Westbrandenburg, die das Projekt der DBU-Tochter auf der Fläche unterstützen, mit dem Holzeinschlag beschäftigt sein. In einer Versuchsvariante sollen kleinflächige Sturmschäden nachgeahmt werden, indem zwei Drittel der markierten Kiefern nur umgeworfen und als Totholz liegen gelassen werden. „Die Waldarbeiter müssen dabei mit den großen Erntemaschinen Fingerspitzengefühl beweisen“, weiß die Projektkoordinatorin des Forschungsprojektes „Wildnis Naturerbe“ (WiNat), PD Dr. Heike Culmsee von der DBU-Tochter. Auf anderen Testflächen werden im kommenden Herbst in die geschaffenen Lücken insgesamt rund 10.000 junge Eichen, Buchen und Linden gepflanzt. In einer dritten Variante soll sich der Wald nach der Holzentnahme ohne weitere Einflussnahme zu einem Laubmischwald entwickeln. Weitere 18 Hektar dienen als Kontrollfläche, die ohne forstliche Maßnahmen sich selbst überlassen werden. Im Frühjahr umzäunen die Waldarbeiter Teile der Versuchsflächen, um größere Wildtiere außen vor zu lassen. „Wir wollen wissen, inwiefern Wildverbiss die Entwicklung beeinflusst“, erläutert Culmsee.
Forschungsprojekt "Wildnis Naturerbe" will Bewertungs- und Monitoringsystem entwickeln
Das Experiment in der Rüthnicker Heide ist Teil des fünfjährigen Forschungsprojektes „Wildnis Naturerbe (WiNat)“. Es wird gemeinsam gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Bis Mitte 2019 untersucht die DBU-Tochter mit den Projektpartnern 16 Gebiete, in denen Forscher die sich entwickelnden Wälder ohne vergleichbare Experimente beobachten: Neben den DBU-Naturerbeflächen Cuxhavener Küstenheiden (Niedersachsen), Wahner Heide (Nordrhein-Westfalen), Kaarzer Holz, Prora, Ueckermünder Heide (alle Mecklenburg-Vorpommern), Authausener Wald (Sachsen), Rüthnicker Heide, Prösa, Weißhaus und Zschornoer Wald (alle Brandenburg) stehen weitere Liegenschaften im Norddeutschen Tiefland, Naturwaldreservate der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt sowie forstlich genutzte Referenzflächen der Niedersächsischen Landesforst im Fokus. „Wir wollen ein Bewertungs- und Monitoringsystem für die Naturnähe von Wäldern entwickeln“, erläutert Culmsee. In Abgrenzung zu bisherigen Studien vergleicht das WiNat-Projekt auf überregionaler Ebene Wirtschafts- und naturnahe Wälder. Eine weitere Besonderheit: „Wir inventarisieren auf den Projektflächen beispielsweise Pilze, Totholzkäfer, Flechten und Moose, nehmen die Waldstrukturen und die Krautschichtvegetation auf und untersuchen auch den Boden“, so Culmsee. Weitere Infos finden Interessierte unter www.wildnis-naturerbe.de.
DBU-Tochter übernimmt 47 Flächen vom Bund
Seit 2008 übernimmt die DBU-Tochter 47 Flächen mit rund 60.000 Hektar vom Bund. Sie versteht sich als Treuhänderin dieses Nationalen Naturerbes und will es für nachfolgende Generationen erhalten und fördern.