Sulingen. Vom Bett aufs Dach, diesen ungewöhnlichen Weg können zukünftig Schaumkerne alter Matratzen nehmen. Ein neuartiges Verfahren ermöglicht es, den Weichschaum aus Polyurethan (PUR) vom Sperrmüll in einen Stoff umzuwandeln, aus dem hochwertiger PUR-Hartschaumstoff erzeugt werden kann. Dieser leitet nur wenig Wärme und eignet sich deshalb besonders, um – beispielsweise in Form von Platten – Häuser zu dämmen. Die Firma H & S Anlagentechnik (Sulingen) entwickelte das Verfahren in einem 17-monatigen Projekt, das fachlich und finanziell mit 96.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wurde. „Damit leistet ein weiterer Mittelständler einen wichtigen Beitrag, unsere globalen Ressourcen zu schonen und verdeutlicht, welche treibende Kraft der deutsche Mittelstand bei der Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die globalen Herausforderungen unserer Zeit spielt“, stellt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde erfreut fest.
Alte Matratzen werden bisher verbrannt, viele Ressourcen gehen verloren
Allein in Europa würden pro Jahr rund 25 Millionen Matratzen produziert, von denen rund 40 Prozent aus speziellem PUR-Weichschaum bestünden. „Eine einzelne Matratze kann ganz unterschiedliche Materialien enthalten. Wenn sie dann in den Müll geworfen wird, ist ihre genaue Zusammensetzung häufig unbekannt. Deshalb können einzelne Teile bisher kaum wiederverwertet werden“, erläutert DBU-Experte Dr. Michael Schwake. Aus diesem Grund werde der Großteil der nicht mehr benötigten Schlafunterlagen bis heute überwiegend verbrannt. Damit würden hochwertige Ressourcen jedoch verloren gehen, da sie nicht mehr in den Stoffkreislauf zurückgeführt würden.
Geringere Kosten ohne qualitative Abstriche bei recyceltem Stoff
In dem neu entwickelten, chemischen Verfahren werde aus bestehendem Weichschaum aus Matratzen ein Material erzeugt, mit dem später PUR-Hartschaum hergestellt werden könne, der dieselbe Qualität habe wie neuwertiges Material und Wärme nur wenig leite. „Deshalb eignet er sich für hochwertige Anwendungen, beispielsweise um die Wände, das Dach oder die Decke eines Hauses zu dämmen“, erklärt der Geschäftsführer von H & S Anlagentechnik, Rüdiger Schaffrath. Im Rahmen des Projektes wurden unterschiedlich dicke Platten mit einem variierenden Anteil des recycelten Materials getestet. Selbst wenn bis zu 50 Prozent der Platte aus dem Recyclingstoff seien, habe sie dieselbe Qualität wie eine aus vollständig neuwertigem Stoff. Zusätzlich sei das recycelte Material um bis zu 30 Prozent kostengünstiger als neuwertiges.
Erstes Recyclingunternehmen will Verfahren anwenden
„Bisherige Recycling-Konzepte für PUR-Weichschäume konzentrieren sich darauf, den Kreislauf bei der Produktion von Neuware betriebsintern zu schließen, wo die Rezepturen bekannt sind. Mit dem innovativen Verfahren können auch Schäume verschiedener Hersteller mit unterschiedlicher Rezeptur gemeinsam recycelt werden. Das ermöglicht es, einen beträchtlichen Teil der alten Matratzen nicht zu verbrennen, sondern für andere Belange stofflich zu nutzen,“ fasst Schwake zusammen. Von Seiten der Wertstoffindustrie gebe es bereits Interesse, das neue Verfahren zu nutzen, die Verhandlungen dazu würden laufen. „Damit zeigt dieses Projekt sehr anschaulich den Grundgedanken der DBU-Förderung: Wir unterstützen nachhaltige Maßnahmen und Ideen im Mittelstand, die anschließend von anderen auch angewendet werden und somit den Markt langfristig nachhaltig beeinflussen“, resümiert Bonde.
Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 33243): Ralf Knief, Tel. 04271|1011