Pharmazie: nachhaltige Ansätze benötigen noch Vitaminschub

Internationale Fachtagung in DBU griff Zukunftsthema auf – Fortschritte bei Produktionsverfahren

Osnabrück. Für eine hohe Lebensqualität des Menschen sind sie ein Segen. Aber etwa Geier oder Fische können sie gefährden: Arzneimittel und ihre zumindest in Spuren in der Umwelt nachweisbaren Rückstände. Die Geier-Population in Indien und Pakistan schwindet durch Wirkstoffe eines Schmerzmittels, mit dem Rinder behandelt werden. Bei Fischen konnte eine „Verweiblichung“ nachgewiesen werden durch Wirkstoffe aus hormonellen Verhütungsmitteln, die die Wasseraufbereitung passieren. Welche Innovationen zeichnen sich in der Pharmazie – etwa in der Entwicklung umweltfreundlicher Wirkstoffe – ab? „Bei neuen umweltfreundlichen Produktionsverfahren zur Vermeidung von Emissionen sind schon gute Fortschritte erreicht worden. Bei den Produkten selbst und deren Gebrauch sind bisher aber nur wenige nachhaltige und umweltfreundliche Ansätze zu erkennen“, weiß Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Rund 50 Fachleute bei internationaler DBU-Fachtagung

Rund 50 internationale Fachleute aus der Chemie, der Pharmazie und dem Gesundheitswesen waren der Einladung der DBU zu der englischsprachigen Fachtagung “2nd International Conference on Sustainable Pharmacy. Incentives and Perspectives“ gefolgt. Zu der Veranstaltung hatte die weltweit größte Umweltstiftung – bereits zum zweiten Mal nach 2008 – zusammen mit dem Institut für sozial-ökologische Forschung, Frankfurt am Main, dem Universitätsklinikum Freiburg und viamedica – Stiftung für eine gesunde Medizin, Freiburg, eingeladen. „Eine nachhaltige Pharmazie betrachtet nicht nur die medizinische Wirkung, sondern auch den gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels und dessen Einfluss auf die Umwelt: vom Rohstoffeinsatz über die Entwicklung und Herstellung bis hin zur Verschreibung, dem sachgemäßen Gebrauch, der Entsorgung und dem Verbleib in der Umwelt“, so Brickwedde.

"Problembewusstsein bei Ärzten, Apothekern und Patienten schaffen, Anreize für pharmazeutische Industrie benötigt"

Dr. Maximilian Hempel, Leiter des DBU-Referates Umweltchemie, ergänzt: „Beim Umgang mit Arzneimitteln ist vor allem das Schaffen eines Problembewusstseins bei Ärzten, Apothekern und Patienten ein wichtiges zukünftiges Handlungsfeld.“ Langfristig benötige außerdem die pharmazeutische Industrie geeignete Anreize, um die Entwicklung und Vermarktung umweltfreundlicher und damit auch sicherer voranzutreiben. Hempel: „Hier können zum Beispiel verlängerte Patentrechte, aber auch die gezielte Forschungsförderung von ‚grünen’ Arzneimitteln eine Rolle spielen.“ Hempel ist zusammen mit Prof. Dr. Klaus Kümmerer, Leiter der Sektion Angewandte Umweltforschung Universitätsklinikum Freiburg, Herausgeber des Fachbuches “Green and Sustainable Pharmacy“, das anlässlich der Tagung angekündigt wurde.

"Green and Sustainable Pharmacy" lautet der Titel des Fachbuches, das die Herausgeber, Dr. Maximilian Hempel (links), Leiter des DBU-Referates Umweltchemie, und Prof. Dr. Klaus Kümmerer (rechts), Leiter der Sektion Angewandte Umweltforschung am Universitätsklinikum Freiburg, anlässlich der internationalen DBU-Fachtagung "2nd International Conference on Sustainable Pharmacy. Incentives and Perspectives" ankündigten.
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