Ostritz. Das ostsächsische Ostritz an der Neiße im Dreiländereck zwischen
Deutschland, Polen und Tschechien hat sich nun endgültig zu einer
energieökologischen Modellstadt für die Bundesrepublik und das benachbarte
Ausland entwickelt. Sachsens Ministerpräsident Professor Dr. Kurt Biedenkopf und
der Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück), Fritz
Brickwedde, weihten heute als größten und wichtigsten Baustein auf dem Wege zur
Verwirklichung des energieökologischen Modells Ostritz das Biomasseheizkraftwerk
mit Fernwärmenetz ein, das die Stadt auf der Basis von Holz und Rapsöl mit Strom
und Wärme versorgt. Ostritz deckt so langfristig seinen Energiebedarf weitgehend
durch erneuerbare Energien, wie Bürgermeister Günter Vallentin betonte, wozu
auch Wind-, Solar- und Wasserkraft gehören. Dieses Gesamtkonzept war deshalb
durch die Bundesjury der EXPO 2000 als weltweites Projekt für die Weltausstellung
ausgewählt worden.
Brickwedde betonte in Ostritz, die Stiftung begrüße ganz außerordentlich die Initiative der
Stadt, unter dem Leitmotiv "energieökologische Modellstadt Ostritz" einen
richtungsweisenden Weg auf dem Gebiet der Nutzung erneuerbarer Energien einzuschlagen.
Neben der erreichten lokalen Umweltentlastung sei Ostritz mit seiner Fülle von
Einzelmaßnahmen aufgrund seiner Signalwirkung für andere besonders interessant. Gerade
bei den östlichen Nachbarn Deutschlands herrsche erhebliches Interesse an Fragen des
Umweltschutzes und noch größerer Bedarf an Demonstrationen moderner Umwelttechnik.
Die Umweltstiftung habe seit 1992 in Ostritz 39 Projekte mit einem Volumen von 22,9
Millionen Mark gefördert. Neben der Unterstützung des Ausbaus erneuerbarer
Energiequellen, dem Umbau des geschädigten Waldes und dem Errichten einer
Pflanzenkläranlage habe sich die Umweltstiftung für den Aufbau des Internationalen
Begegnungszentrums im 764 Jahre alten Kloster St. Marienthal engagiert. Die Aufgabe, im
ländlichen Raum eine zentrale Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien
aufzubauen, stelle eine enorme Herausforderung dar. Mit der jetzt gefundenen Lösung der
Wärme- und Krafterzeugung aus Holz und Rapsöl sei eine Lösung gefunden worden, die
neben dem positiven Umweltnutzen auch die notwendige wirtschaftliche Tragfähigkeit
besitze, um den Kunden eine sichere Versorgung zu marktgerechten Preisen zu
gewährleisten.
Sachsens Ministerpräsident Professor Dr. Kurt Biedenkopf würdigte das große Engagement
der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Sachsen und speziell in Ostritz. Der
energieökologische Weg, den Ostritz beschritten habe, sei wichtig und richtig. Auf ihn
könne die Stadt stolz sein, er mache Mut für die Zukunft. Biedenkopf ging heute in Ostritz
auch auf das Problem der Begrenztheit fossiler Energiequellen ein und unterstrich vor
diesem Hintergrund die Notwendigkeit, Perspektiven veränderter Energieversorgung zu
entwickeln, wenn die Nachfrage nach Energie auf Dauer sichergestellt werden solle. Mit
dem Einsatz von Rapsöl und Holz in der energieökologischen Modellstadt Ostritz setze die
Kommune ein wichtiges Signal und leiste ihren Beitrag, neue, zukunftsweisende Wege zu
beschreiten. Ostritz gebe Impulse für eine ökologischere Wirtschaftsweise und wirke mit an
einem unter energieökologischen Gesichtspunkten notwendigen gesellschaftlichen
Umdenkungsprozeß.
Günter Vallentin, Bürgermeister der Stadt Ostritz, hatte in seinen Grußworten darauf
verwiesen, daß es Aufgabe gerade der Industriestaaten der Welt sei, der fortwährenden
Umweltzerstörung Einhalt zu gebieten und zu einer nachhaltigen Lebensweise zu finden, in
der ökologische, ökonomische und soziale Belange des Menschen gleichrangig berücksichtigt
werden. Mit der Vision einer energieökologischen Modellstadt wolle Ostritz seinen Teil in
diesen Prozeß einbringen und gleichzeitig einen Strukturwandel für die Region einleiten.
Die Stadt Ostritz hatte sich, so der Geschäftsführer der Technischen Werke Ostritz (TWO),
Bernd Dittrich, 1996 entschieden, ihre Wärmeversorgung auf die Basis von Holz und
Pflanzenöl zu stellen. Das Heizkraftwerk erzeugt - mit Rapsöl beheizt - Strom und eine
Wärmegrundlast. In der zweiten Stufe sorgen holzbeheizte Kesselanlagen für die nötige
Wärme, Spitzenzeiten deckt ein rapsölbefeuerter Heizkessel ab. Insgesamt werden 650
Kilowatt elektrischer Strom und rund zehn Megawatt Heizwärme erzeugt. Die Wärme wird
über das Fernwärmenetz in der gesamten Stadt verteilt, 65 Prozent der Ostritzer Haushalte
seien bereits als Kunden gewonnen worden. Der Bau des Heizkraftwerkes, das insgesamt
rund 24 Millionen Mark kostet, wird mit zwölf Millionen Mark von der Deutschen
Bundesstiftung Umwelt unterstützt, mit weiteren fünf Millionen Mark durch den Freistaat
Sachsen.