Hannover. Ein Zeichen setzen für den Klimaschutz – das hat die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit dem von ihr verliehenen Deutschen Umweltpreis als höchstem Umweltpreis Europas in 26 Jahren schon mehrfach getan. 2007 – vor elf Jahren – wurden in Aachen der Gründer der Schwalmstädter Firma Konvekta, Carl H. Schmitt, und sein langjähriger Entwicklungsleiter Prof. Dr.-Ing. Jürgen Köhler ausgezeichnet. Sie hatten mit relativ bescheidenen Mitteln wichtige Vorarbeiten für den möglichen Einsatz von Kohlendioxid (CO2) als Kältemittel in der Nutzfahrzeug-Klimatisierung geleistet. Das ist laut Umweltbundesamt 1.430-mal weniger klimaschädlich als bisher verwendete Kältemittel. Doch Standard ist CO2 auch heute vor allem bei Bussen und Lkw noch immer nicht. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde: „Nach anfänglichem Zögern stellt jetzt die deutsche Pkw-Branche auf umweltverträglichere Alternativen um und nimmt damit weltweit eine Vorreiterrolle ein. Das muss auch im Nutzfahrzeugbau Standard werden.“
„Funktionstüchtigkeit dieser Technik demonstriert und bewiesen, dass es auch umweltfreundlich geht“
Bonde stattete heute in Hannover dem Messestand des Umweltpreisträgers auf der IAA Nutzfahrzeuge einen Besuch ab. Das Gespann Köhler/Schmitt war damals von der DBU ausgezeichnet worden, weil aus undichten Klimaanlagen, bei Unfällen oder bei der Wartung und Entsorgung von Autos eingesetzte Kältemittel regelmäßig entwichen. Die seien aber mitverantwortlich für den Treibhauseffekt – in großen Dimensionen, wie die DBU damals betonte: Der Kohlendioxid-Ausstoß rund zweieinhalb Millionen sparsamer Kleinwagen mit einer Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometern könnte durch den Einsatz alternativer Kältemittel kompensiert werden.
Technologie über 15 Jahre bis zur Serieneinführung vorangetrieben
Trotz erheblicher technischer und finanzieller Risiken hätten Schmitt und Köhler die Entwicklung dieser Technologie über 15 Jahre maßgeblich und bis zur Serieneinführung im Nutzfahrzeugbau vorangetrieben und damit in einer Branche, die eher von Großunternehmen geprägt sei. Bonde: „Die deutsche Automobilindustrie hat sich infolge einer intensiven öffentlichen Diskussion dazu entschieden, beginnend im Hochpreissegment in ihren Klimaanlagen die heutigen Kältemittel durch umweltfreundliches Kohlendioxid zu ersetzen. Maßgebliche Anstöße für diese Technologie sind auch auf die Firma Konvekta zurückzuführen. Sie hat die Funktionstüchtigkeit dieser Technik demonstriert und bewiesen, dass es auch nachhaltig und umweltfreundlich geht.“ Herausforderung für die Hersteller sei, dass für den Einsatz neuer synthetischer Kältemittel in den Klimaanlagen nur geringe Änderungen an der bestehenden Technik notwendig seien, während beim Einsatz von CO2 eine komplett neue Klimaanlage entwickelt werden müsse. Daher benötige der Produktionshochlauf solcher CO2-Klimaanlagen erfahrungsgemäß einen gewissen Zeitraum.
Elektromobilität kann CO2 den Weg bahnen
Gerade der nun eingeschlagene Weg in die Elektromobilität müsse eigentlich, so Bonde, dem CO2 nachdrücklich den Weg bahnen. Es könne nämlich nicht nur als Kältemittel zum Kühlen, sondern auch in Wärmepumpen für die Fahrzeugheizung genutzt werden, womit im Vergleich zu einer herkömmlichen Dieselheizung deutlich Energie eingespart und der Ausstoß von Schadstoffen verringert werden könnte. Dass heute Omnibusse nur auf speziellen Kundenwunsch mit CO2-Klimaanlagen ausgestattet würden, müsse bald eine „Fußnote der Automobilgeschichte“ sein, so Bonde: „Im Interesse des Klimaschutzes spricht sich die DBU nachdrücklich dafür aus, CO2 auch im konventionellen Bau von Bussen und Lkw als Standard einzusetzen.“
Hohe Kälteleistung, nicht brennbar und kostengünstig verfügbar
Seit dem 1. Januar 2017 dürfen neue Klimaanlagen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nur noch mit Kältemitteln mit einem kleinen Treibhauspotenzial (unter 150) befüllt werden, wie DBU-Experte Dirk Schötz erläutert. Als Ersatzkältemittel werde derzeit vor allem R1234yf verwendet. Nach Ansicht des Umweltbundesamtes belegt eine Studie der Schweizer Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) aber, dass sich aus diesem Kältemittel vor allem Trifluoressigsäure (TFA) in der Atmosphäre bildet. Die extrem wasserlösliche und algengiftige Säure werde mit den Niederschlägen in die Gewässer eingetragen und gelte als schwer abbaubar. Außerdem bilde R1234yf im Brandfall und an heißen Oberflächen giftige Stoffe wie Fluorwasserstoff und Carbonylfluorid – ein Sicherheitsrisiko für Insassen und Rettungskräfte, so das UBA weiter. CO2 als Kältemittel für Fahrzeug-Klimaanlagen sei dazu eine klimafreundliche Alternative. Es schädige das Klima weniger, habe eine hohe Kälteleistung, sei nicht brennbar, bilde keine Zerfallsprodukte und sei weltweit kostengünstig verfügbar.