Renningen. „Vater und Sohn Wünning stehen für den Einklang von Ökonomie und Ökologie. Mit ihrem erfolgreichen unternehmerischen Wirken, gepaart mit technologischen und wissenschaftlichen Spitzenleistungen im internationalen Maßstab, haben sie einen zentralen Beitrag dazu geleistet, dass bei Hochtemperaturprozessen, zum Beispiel der Herstellung von Stahl, Glas oder in der chemischen Industrie, eine effizientere Energieverwendung und deutliche Emissionsminderungen an der Tagesordnung sind und Deutschland in diesem Segment Weltmarktführer ist.“ – Mit diesen Worten würdigte heute Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Verleihung des Deutschen Umweltpreises 2011 der DBU an die Geschäftsführer der Firma WS Wärmeprozesstechnik (Renningen), Dr.-Ing. Joachim Alfred (81) und Dr.-Ing. Joachim Georg Wünning (48). Bundespräsident Christian Wulff wird ihnen den höchstdotierten Umweltpreis Europas am 30. Oktober in Stuttgart überreichen. Ihr Preisgeld: 250.000 Euro.
FLOX leistet "wesentlichen Beitrag zur Energieeinsparung und Luftreinhaltung"
Der weltweite rasante Anstieg des Energieverbrauchs, verbunden mit einer Zunahme des Ausstoßes von Kohlendioxid, Stickoxiden und Partikeln, mache Energiesparen und Emissionsminderung international zum „Thema Nummer eins“, so Brickwedde. Große Teile des Energieverbrauchs würden zum Beispiel auf die Stahl-, Glas- oder Chemiebranche entfallen, die mit ihren Hochtemperaturprozessen besonders energieintensiv seien. „Einen wesentlichen Beitrag zur Energieeinsparung und Luftreinhaltung kann die vom heutigen Preisträger entwickelte Verbrennungstechnologie der flammenlosen Oxidation – auch FLOX genannt – leisten“, erläuterte Brickwedde.
Stickoxide vermieden, die Lungen reizen und schädigen können
Das Prinzip des „Feuers ohne Flamme“ in den FLOX-Brennern basiert auf einer raffinierten Mischung von Brennluft und -gas sowie ständig zirkulierender und in den Kreislauf rückgeführter Verbrennungsgase. Bei diesem Verfahren bildet sich keine „klassische“ Flamme mehr – tatsächlich ist sie nur mit dem bloßen Auge nicht mehr zu erkennen –, sondern der Brennstoff verbrennt „unsichtbar“ und gleichmäßig in der gesamten Brennkammer, nicht wie in herkömmlichen Verfahren nur an der Flamme. Durch diese Gleichmäßigkeit werden Temperaturspitzen vermieden, die sonst beim Verbrennungsprozess zur Bildung großer Stickoxidmengen führen, die die Lungen reizen und schädigen können. Stickoxide sind auch für den Sauren Regen, Smog- und Ozonbildung mitverantwortlich. „Das FLOX-Verfahren macht Temperatur, Verbrennung und Emissionen somit sehr gut kontrollierbar“, so Brickwedde.
Wegweisendes Beispiel für Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie
In den energieintensiven Industriezweigen energetische Verbesserungen zu erreichen und gleichbleibende oder verbesserte Produktqualität zu gewährleisten, sei eine Herausforderung der Zukunft, so Brickwedde: „Die Herren Wünning haben sofort erkannt, dass die FLOX-Verbrennung dafür große Vorteile bietet. Durch den kontrollierten und gleichmäßigen Prozess, verbunden mit der Abwärmenutzung, können Brennstoffe auch wirkungsvoller genutzt werden“, erläuterte der DBU-Generalsekretär. Das Verfahren genüge damit auch hohen technischen und wirtschaftlichen Anforderungen der Praxis. Es handele sich um ein technisches Beispiel, das aufzeige, wie Ökologie und Ökonomie vereinbar seien. „Kurzum handelt es sich um Sieben-Meilen-Stiefel für den Umwelt- und Klimaschutz“, begründete Brickwedde die Entscheidung der DBU.
FLOX-Technologie - überzeugender Lösungsansatz
Den bisher etablierten, nachsorgenden Abgasreinigungsverfahren sei die FLOX-Technologie auch wirtschaftlich deutlich überlegen. Dass sie so zügig entwickelt und erfolgreich weltweit in den Markt eingeführt worden sei, unterstreiche die praktische Relevanz des Verfahrens. „Auch andere Hersteller haben eigene Brenner nach dem Wünning-Prinzip entwickelt. Der Nachahmungseffekt zeigt, wie überzeugend dieser Lösungsansatz ist. Er bedeutet nicht nur massive Umweltentlastung in einer ganzen Branche, vielmehr hat das Verfahren weltweit einen neuen Standard gesetzt“, unterstrich Brickwedde die Tragweite.
Durch interdisziplinäre Kooperationen FLOX-Verfahren für weitere Anwendungsfelder nutzbar gemacht
Von großer Bedeutung seien dafür auch das vergleichsweise offene Verbreiten der Forschungsergebnisse und die intensive Zusammenarbeit der Firma WS Wärmeprozesstechnik mit vielen international namhaften Instituten gewesen. Brickwedde: „Erst durch interdisziplinäre Kooperationen konnte das FLOX-Verfahren für weitere Anwendungsfelder nutzbar gemacht werden.“ Brickwedde abschließend: „Überraschen Sie uns gern bald wieder mit so herausragenden Problemlösungen aus der Umwelttechnik!“
Zum Stichwort: FLOX-Verfahren
„FLOX“ ist die Abkürzung für „Flammenlose Oxidation“, also die Verbrennung ohne Flamme. Das Phänomen wurde 1989 erstmalig von Joachim Alfred Wünning in einer Brennkammer seiner Firma WS Wärmeprozesstechnik beobachtet. Anschließend wurde das Verfahren unter Federführung seines Sohnes Joachim Georg Wünning in aufwändiger und jahrelanger Forschungsarbeit weiterentwickelt. Bei traditioneller Flammenverbrennung im Hochtemperaturbereich – vor allem von fossilen Brenn- und Treibstoffen sowie von Abfall – entstehen häufig große Mengen von Stickoxiden (NOx). Diese sind Vorläuferschadstoffe für die Bildung saurer Niederschläge und Ozon und schädigen die Gesundheit und Umwelt. Die FLOX-Technologie dagegen ermöglicht Hochtemperaturprozesse, bei denen trotz hoher Luftvorwärmung von über 700 Grad der NOx-Anteil im Abgas um mehr als eine Zehnerpotenz niedriger als bei einer traditionellen Flammenverbrennung liegt. Beim FLOX-Verfahren strömt die zur Reaktion nötige Verbrennungsluft mit hoher Geschwindigkeit durch spezielle Düsen in den Brennraum, wo sie zunächst die mehrfache Menge Abgas ansaugt, ehe sie sich mit dem Brennstoff vermischt. Bei richtiger Anordnung der Düsen oxidiert der Brennstoff bei Temperaturen über 850 Grad sehr gleichmäßig ohne jede Flamme.