Magdeburg. Wer an Naturschutz denkt, stellt sich vielleicht vor, wie einzelne, selten gewordene Arten gehegt und gepflegt werden. Auf dem ehemals militärisch genutzten Biederitzer Busch östlich der Elbe in Magdeburg geht es aber vorrangig um den Schutz ganzer Lebensräume, die zukünftig größtenteils sich selbst überlassen werden. „Wir haben im Rahmen unserer Biotoptypenkartierung auf der DBU-Naturerbefläche alle Lebensraumtypen dokumentiert – von naturnahen Laubmischwäldern bis zu nährstoffreichen Gewässern“, weiß Lena Fitzner von der gemeinnützigen Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), dem DBU Naturerbe. Nach Aufgabe der militärischen Nutzung nach 1990 hat der Bund die Fläche als Teil des Nationalen Naturerbes 2008 an die Stiftungstochter aus Osnabrück übertragen. Wie die Naturschützer die rund 125 Hektar große Fläche in den kommenden zehn Jahren schützen wollen – das beschreiben sie in dem jetzt fertiggestellten Naturerbe-Entwicklungsplan.
Ehemalige Militärfläche ist dem Naturschutz gewidmet
Lena Fitzner, Projektverantwortliche für den Naturerbe-Entwicklungsplan im Biederitzer Busch, hat gemeinsam mit ihrem Team sowie dem Bundesforstbetrieb Nördliches Sachsen-Anhalt den 109-seitigen Managementplan erstellt und mit den Behörden abgestimmt. Ein langwieriger Prozess: Externe Büros kartierten zunächst alle vorhandenen Biotope und Lebensraumtypen, erhoben Daten zum Waldzustand und erfassten auch Pflanzen- und Brutvogelarten. Aufbauend auf diesen Daten entwickelte das Projektteam die geplanten Naturschutzmaßnahmen für Wald, Offenland und Feuchtgebiete sowie eine Wegeführung für Besucher und Besucherinnen. Interessierte können die Natur weiterhin auf Wegen entlang der Furtlake und entlang der Waldseen erleben. „Naturschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Wir erarbeiten die Vorschläge für die geplanten Naturschutzmaßnahmen, aber ohne die Zustimmung der beteiligten Behörden wäre die Umsetzung nicht möglich“, betont Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe.
Wald wird sich selbst überlassen – Waldlichtung mit Kleingewässern wird offengehalten
Etwa 85 Prozent der Waldbestände im Biederitzer Busch haben bereits die Qualität, um sie sich selbst zu überlassen. Die Verkehrssicherung wird an Wanderwegen aber weiterhin ein Arbeitsfeld bleiben. „Ein großer Unsicherheitsfaktor für die weitere Entwicklung des Waldes ist der Klimawandel sowie die deutliche Entwässerung über die 2020/2021 noch einmal weiter ausgebaute Furtlake und die Eindeichung zu Hochwasserschutzzwecken“, so Fitzner. Im Zusammenhang mit der im Sinne des Hochwasserschutzes der Stadt Magdeburg optimierten Furtlake wurden als Ausgleich 2016 im Zentrum des Biederitzer Busches drei temporär wasserführende Kleingewässer angelegt. Die besonnten Kleingewässer dienen mit dem offenen Umfeld Amphibien wie der Rotbauchunke, dem Moorfrosch, dem Kammmolch und dem Laubfrosch als Reproduktions- und auch Nahrungshabitat. Die komplett von Wald gesäumte Fläche ist auch für 14 Fledermausarten wie beispielsweise der Mopsfledermaus oder dem Großen Mausohr als Jagdgebiet von Bedeutung. „Um die Waldlichtung zu erhalten, mähen wir die Fläche ein- oder zweimal im Jahr und sorgen so dafür, dass sie frei bleibt und nicht verbuscht“, erläutert Fitzner. Die Mitarbeitenden des Bundesforstbetriebes Nördliches Sachsen-Anhalt kümmern sich vor Ort um die Umsetzung. Für Revierleiter Christian Block stellt der Naturerbe-Entwicklungsplan mit seinen ausklappbaren Karten eine Arbeitshilfe dar, auf Grundlage deren er seine jährlichen Wirtschaftspläne erstellt.
DBU Naturerbe hat 71 Flächen mit rund 70.000 Hektar vom Bund übernommen
Die ersten ihrer 71 Flächen mit rund 70.000 Hektar hat das DBU Naturerbe 2008 vom Bund übernommen. Schritt für Schritt wird für jede Naturerbefläche ein spezifischer Entwicklungsplan geschrieben.