Gardelegen. Wer an Naturschutz denkt, denkt vielleicht daran, wie einzelne, selten gewordene Arten gehegt und gepflegt werden. Auf der DBU-Naturerbefläche Kellerberge mit dem ehemaligen Fliegerhorst geht es aber nicht vorrangig nur um Artenschutz, sondern um den Schutz der Lebensräume. „Wir haben im Rahmen unserer Biotoptypenkartierung auf rund der Hälfte der Gesamtfläche Offenlandlebensräume kartiert. Die großflächigen Sandmagerrasen und Heiden sind bedeutsame Lebensräume für Neuntöter, Ziegenmelker, Heidelerche, Schlingnatter und Sandstrohblume“, weiß Dr. Charlotte Seifert von der gemeinnützigen Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), dem DBU Naturerbe. Nach Aufgabe der militärischen Nutzung hat der Bund die Fläche als Teil des Nationalen Naturerbes 2012 an die Stiftungstochter aus Osnabrück übertragen. Wie die Naturschützer die rund 280 Hektar große Fläche in den kommenden zehn Jahren schützen und weiterentwickeln wollen – das beschreiben sie in dem jetzt fertiggestellten Naturerbe-Entwicklungsplan.
Ehemaliger Truppenübungsplatz dem Naturschutz gewidmet
„Grundsätzlich wollen wir artenarme Forste zu naturnahen Laubmischwäldern entwickeln, um sie langfristig möglichst ohne menschlichen Eingriff ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Offene Lebensräume mit seltenen Tier- und Pflanzenarten wollen wir durch Pflege bewahren und in ihren Erhaltungszustand möglichst verbessern sowie Feuchtgebiete und Gewässer ökologisch aufwerten oder erhalten“, betont Seifert, Projektverantwortliche für den Naturerbe-Entwicklungsplan Kellerberge. Seifert hat gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen sowie dem Bundesforstbetrieb Nördliches Sachsen-Anhalt den 124-seitigen Managementplan erstellt und mit den Behörden abgestimmt. Ein langwieriger Prozess: Externe Büros kartierten zunächst alle vorhandenen Biotope und Lebensraumtypen, erhoben Daten zum Waldzustand und erfassten auch Pflanzen- und Brutvogelarten. Aufbauend auf diesen Daten entwickelte das Projektteam die geplanten Naturschutzmaßnahmen für Wald, Offenland und Feuchtgebiete sowie eine Wegeführung für die Öffentlichkeit. In den nächsten Jahren werden Maßnahmen vor allem zur Pflege im Offenland durchgeführt. Die große Herde aus Heidschnucken, Bentheimer Landschafen und Karakulschafen ergänzt durch Burenziegen der Schäferei Stefan Gaudian zieht über die Flächen, um aufwachsende Gräser und Gebüsch kurz zu halten. „Mehr als 15 Heuschreckenarten und der seltene Wiedehopf finden in den trockenen, spärlich bewachsenen Flächen mit wärmenden Stellen der Kellerberge passende Lebensräume“, erläutert Seifert. Die Mitarbeitenden des Bundesforstbetriebes Nördliches Sachsen-Anhalt kümmern sich vor Ort um die Umsetzung. Für Revierleiter Detlev Riesner stellt der Naturerbe-Entwicklungsplan mit seinen ausklappbaren Karten eine Arbeitshilfe dar, auf Grundlage dessen er seine jährlichen Maßnahmen plant. „Naturbegeisterte sind herzlich eingeladen, auf den ausgewiesenen Wanderwegen dieses Naturerlebnis zu genießen. Gerade wegen der hier noch vorkommenden seltenen Bodenbrütern und Pflanzengesellschaften möchten wir alle bitten, auf den Wegen zu bleiben“, betont Riesner.
DBU Naturerbe hat 66 Flächen mit rund 70.000 Hektar vom Bund übernommen
Die ersten ihrer 66 Flächen mit rund 70.000 Hektar hat das DBU Naturerbe 2008 vom Bund übernommen. Schritt für Schritt wird für jede Liegenschaft ein spezifischer Managementplan geschrieben. „Naturschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Wir erarbeiten die Vorschläge für die geplanten Naturschutzmaßnahmen, aber ohne die Zustimmung der beteiligten Behörden sowie die Mitarbeit unserer landwirtschaftlichen Betriebe wäre die Umsetzung nicht möglich“, betont Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe.