Berlin/Osnabrück. Der in Europa extrem trockene und heiße Sommer 2018 war ein weiteres Mosaiksteinchen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Das macht Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif, Leiter der Forschungseinheit Maritime Meteorologie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Träger des Deutschen Umweltpreises der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in einer neuen DBU-Fachinformation „Klimaschutz“ deutlich. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde stellte das Positionspapier bei einem parlamentarischen Abend gestern im Beisein von Latif in Berlin vor: „Der Klimawandel lässt sich nicht wegdiskutieren. Gesellschaft, Politik und Wirtschaft müssen jetzt handeln, um die Klimaziele zu erreichen. Die gute Nachricht: Es gibt eine Vielzahl von Lösungen. Wir müssen sie nun schnell und aktiv angehen.“ Die DBU sieht ihre Rolle darin, insbesondere die mittelständische Wirtschaft bei der Entwicklung von Innovationen für den Klimaschutz fachlich und finanziell zu fördern.
Radikale Veränderungen notwendig, um Klimaschutzziele zu erreichen
„Wir benötigen radikale Veränderungen, um das Ziel von Paris noch zu erreichen: hauptsächlich im Energiebereich, aber auch im Verkehrs- und Agrarsektor“, stellte Latif im Fachinfo-Interview mit Blick auf die Klimaschutz-Vereinbarungen der Vereinten Nationen (UN) aus dem Jahr 2015 in Paris heraus. Eine von der DBU fachlich und finanziell geförderte Studie von Ludwig-Bölkow-Stiftung (Ottobrunn) und Energy Watch Group (Berlin) bestätigt, dass eine globale Wende hin zu 100 Prozent erneuerbarem Strom machbar ist. Sogar zu jeder Stunde und zudem kostengünstiger, als das beim bestehenden System basierend auf zum Großteil fossilen Brennstoffen und Kernenergie der Fall sei, könne das gewährleistet werden. Bonde ergänzt: „Eine sichere Energieversorgung auf Basis von erneuerbaren Energien ist möglich, wenn die Sektoren Wärme, Strom und Mobilität sinnvoll miteinander vernetzt werden.“ Die Digitalisierung sei der Schlüssel, um solche neuen intelligenten Netze zu betreiben. Ob Erneuerbare Energien, Quartiersentwicklung, Bauen, Mobilität oder Klimaanpassung – in all diesen Bereichen setzt die Förderung der DBU Impulse über innovative und modellhafte Projekte mit Blick auf Energieeffizienz, Klima- und Ressourcenschonung.
Mittelstand als Impulsgeber für Klimaschutz
Der Industriesektor ist neben der Energiewirtschaft der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen in Deutschland, erinnert Bonde. Ein besonderes Augenmerk richtet die DBU-Förderung auf die mittelständische Wirtschaft und hier insbesondere auf das Erzeugen und Verarbeiten energieintensiver Materialien. Ein Beispiel ist die Wärmerückgewinnung bei der Stahlherstellung. In der herkömmlichen Fertigung wird der Stahl in quaderförmige Blöcke vergossen, die nach dem Zuschneiden noch eine Temperatur von rund 1000 Grad Celsius haben und dann auf 100 Grad Celsius abkühlen. In einem von der DBU fachlich und finanziell geförderten Projekt des Unternehmens „Metallurgie und Umwelttechnik SMS group“ wurde eine Pilotanlage entwickelt, die die Strahlungswärme der Stahlblöcke möglichst optimal aufnehmen und die Wärmemenge in das Werksnetz des Produktionsbetriebes einspeisen kann. „Der Mittelstand ist nicht nur Impulsgeber für Innovationen, sondern auch für den Klimaschutz“, so Bonde.
Spielerische Vermittlung von Wissen zu Klimawandel und Klimapolitik
Neben Forschungsprojekten und technischen Entwicklungen seien aber auch Bildung und Kommunikation wichtige Ansatzpunkte für den Klimaschutz. Mit Blick auf die kommende UN-Klimakonferenz COP 24 sagte Bonde beim parlamentarischen Abend: „Der notwendige gesellschaftliche Wandel zu einer klimaneutralen Lebens- und Wirtschaftsweise, die sogenannte ‚große Transformation‘, wird erhebliche Anstrengungen erfordern.“ Daher brauche es nicht nur technische, sondern auch gesellschaftliche und soziale Innovationen. So spielt die Bildung für nachhaltige Entwicklung quer durch alle Förderbereiche der DBU eine zentrale Rolle. Dass sich Wissen zu Klimawandel und Klimapolitik zum Beispiel auch spielerisch vermitteln lässt, zeigt das Brettspiel KEEP Cool. In einem DBU-Projekt der Humboldt-Universität zu Berlin wurde das Spiel 2016 digital angepasst. Auf Smartphones, Tablets und am PC übernehmen Jugendliche die Führung von Metropolen und werden zu Akteuren der globalen Klimapolitik. Die Jugendlichen werden ausgebildet und motiviert, um sich für Klimaschutz, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Ziele der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung einzusetzen. Mit solchen innovativen Modellen verhelfe die Digitalisierung dazu, den Wandel anzukurbeln. Latif: „Die Vergangenheit zeigt, dass Technologiewandel innerhalb weniger Jahrzehnte erfolgen kann. Die Lösungen sind da, wir müssen sie nur nutzen.“
DBU-Fachinformation „Klimaschutz“ zum Download hier