Osnabrück. Sind nationale und internationale Klimaziele lediglich zu erreichen, indem Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entnommen werden? Und kann etwa das Speichern von Pflanzenkohle eine Lösung für mehr Klimaschutz sein? Über das Für und Wider diskutiert der Online-Salon der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) „Klimaschutz durch Pflanzenkohle!? – Chancen und Risiken einer negative emission technology“ am Dienstag, 14. Dezember, von 14 bis 16 Uhr. Anmeldung unter: https://www.dbu.de/@OnlineSalonPflanzenkohle.
Die globalen CO2-Emissionen sind dieses Jahr – nach einem kurzen Rückgang in 2020 – wieder auf dem Niveau vor dem Beginn der Corona-Pandemie angekommen. „Es kann keinen Zweifel geben, dass der Treibhausgasausstoß schnell und umfassend gesenkt werden muss“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erfordert nach seinen Worten, die weltweiten CO2-Emissionen bis 2050 auf netto Null zu verringern. Bonde: „Die Dekarbonisierung unserer Wirtschafts- und Lebensweise und der Ausstieg aus fossilen Energiequellen sind daher von höchster Priorität.“
Forschung und Entwicklung zu Technologien muss gefördert werden
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) rät, das Entfernen von CO2 strategisch vorzubereiten. WBGU-Vorsitzende und Referentin beim DBU-Online-Salon Prof. Dr. Karen Pittel: „Nach allen Szenarien zur Klimaentwicklung wird das Entfernen von Kohlendioxid aus der Atmosphäre insbesondere für die Zeit nach 2050 notwendig, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.“ Wie viel entfernt werden muss, hängt nach ihren Worten davon ab, mit welcher Geschwindigkeit es gelingt, die globalen Emissionen zu senken. „Insofern sind schnelle und konsequente Emissionsminderungen unabdingbar“, sagt die Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen in München. „Eine Reihe von Technologien für negative Emissionen sind noch nicht in großem Maßstab erprobt und mögliche Risiken noch nicht erforscht“, so Pittel. Entsprechend müssten Forschung und Entwicklung gefördert werden. Außerdem brauche es Anreize. Pittel: „Eine Möglichkeit ist eine Art negativer CO2-Preis – also eine Zahlung pro Tonne aktiv entzogenen Kohlendioxids, bei der allerdings die Speicherdauer berücksichtigt werden muss.“
Pflanzenkohle-Verfahren bietet Chancen, wirft aber auch Fragen auf
Als eine Möglichkeit wird die sogenannte „Carbon Sequestrierung“ diskutiert. Das Prinzip: Der Atmosphäre wird Kohlendioxid entnommen, der darin enthaltene Kohlenstoff in Biomasse gebunden und danach langfristig eingelagert. Die ersten beiden Schritte erledigen Pflanzen mittels Photosynthese. Methodisch lässt sich dann das pflanzliche Material zum Beispiel durch Pyrolyse verkohlen und die gewonnene Pflanzenkohle etwa im Boden dauerhaft speichern. Doch das Pflanzenkohle-Verfahren bietet nicht nur Chancen, sondern wirft auch Fragen auf – etwa, welches Pflanzenmaterial zu Kohle werden soll. „Es gibt eine hohe Konkurrenz: Biomasse kann stofflich oder energetisch genutzt werden oder es entsteht einfach Humus“, sagt PD Dr. Axel Don, stellvertretender Institutsleiter des Thünen-Instituts für Agrarklimaschutz in Braunschweig und Referent beim Online-Salon. Hier sei eine strenge Abwägung nötig, welche Nutzungsform für den Klimaschutz am sinnvollsten ist. Fraglich ist aber auch: Wohin mit der Pflanzenkohle? In tropischen Böden unterstützt sie das Wurzelwachstum und dient als Wasser- und Nährstoffspeicher. Kann sie aber auch bei uns zur Ertragssteigerung eingesetzt werden? Nach bisherigen Erkenntnissen eher weniger, sagt der Agrarexperte, denn mehr Ertrag sei in unserer Klimazone mit Pflanzenkohle nur auf sehr sandigen oder nährstoffarmen Böden zu erreichen.
Klarer Rahmen erforderlich
Gleichwohl hält der Online-Salon-Referent die Methode der Carbon Sequestrierung für förderwürdig. Zwar gelte das Pflanzenkohle-Verfahren nach seinen Worten bisher noch als sehr teure Option, allerdings handele es sich um eine vielversprechende Technologie, „weil sie die Kriterien für CO2-Zertifikate erfüllt und echten Klimaschutz bringen könnte“. Voraussetzung dafür laut Don: Es werden Anwendungsbereiche für Pflanzenkohle in der Landwirtschaft gefunden, die mehr bewirken als lediglich eine Kohlenstoff-Speicherung. Außerdem gibt es nach Dons Worten eine Vielfalt an Produkten, die als „Pflanzenkohle“ bezeichnet werden. „Das verlangt nach einem klaren Rahmen, welche Anforderungen diese hinsichtlich Schadstofffreiheit und Kohlenstoffstabilität erfüllen müssten, um auf Böden ausgebracht zu werden“, so Don.
Weitere Online-Salon-Referenten sind: Prof. Dr. Claudia Kammann, Institut für angewandte Ökologie, Hochschule Geisenheim University, sowie Hansjörg Lerchenmüller, European Biochar Industry Consortium. Nach den Vorträgen folgt eine Diskussion mit den Teilnehmenden.