Gelbensande. Wochenlang hat es im Sommer kaum geregnet. Die Böden sind vielerorts sehr trocken. Trifft Starkregen auf ausgetrocknete Erde, fließt das Wasser häufig an der Oberfläche ab. Der verkrustete Boden nimmt kaum Regenwasser auf. Ein Unwetter wie Mitte September in Gelbensande kann dann katastrophale Folgen haben, wenn Wasser direkt über die Entwässerungsgräben abläuft und diese Systeme an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. „Es wird zukünftig häufiger als früher extreme Starkregenereignisse geben. Hochwasserschutz ist ein wichtiger Aspekt, den wir auch im Naturschutz mitdenken. Es hilft vorsorglich, Wasser und der Natur mehr Raum zu geben“, sagt Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Auf der DBU-Naturerbefläche Gelbensander Forst will die Flächeneigentümerin schrittweise naturnahe Grundwasserstände wiederherstellen, um diesen besonderen Feuchtgebietslebensraum zu fördern. Das DBU Naturerbe hilft mit der Maßnahme aber auch, die Folgen von Starkregenereignissen zukünftig ein Stück weit auszugleichen.
Moore und Feuchtgebiete in Deutschland stark entwässert
Im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte wurden zunehmend Moore über Gräben entwässert, um sie land- oder forstwirtschaftlich zu nutzen. Heute sind die wenigen noch verbliebenen Feuchtlebensräume stark gefährdet und damit viele der moortypischen, hoch spezialisierten Tier- und Pflanzenarten. „Im Gelbensander Forst als Teil der Rostocker Heide drehen wir die Uhr zurück. Gemeinsam mit den Behörden renaturieren wir ein großflächiges Feuchtgebiet, indem wir innerhalb der Fläche Gräben verschließen und regulierbare Stauwerke einbauen“, erklärt Dr. Uwe Fuellhaas, Gewässer- und Feuchtgebietsmanager im DBU Naturerbe. Die Naturschützer lassen ab Oktober neun sogenannte Kippwehre installieren. Die Entwässerung von Gelbensande und anderen anliegenden Gemeinden werden dabei nicht berührt. Auch Nachbarflächen werden von der Maßnahme nicht nachteilig beeinflusst. Es gibt aber weitere positive Nebeneffekte: „Feuchte Böden können viel besser Wasser aufnehmen als ausgetrocknete. Wiedervernässte Feuchtgebiete wie hier mildern Folgen von Starkregen ab. Sie dienen als ein Baustein im Hochwasserschutz“, betont Fuellhaas. Bis in den Frühling hinein sollen die Böden und die entsprechenden Lebensräume davon profitieren, dass nicht zu viel Wasser abfließt. „Im Sommer wollen wir aber, dass unsere Pächter das Grünland befahren und mähen können“, so Fuellhaas. Falls notwendig, werden die regelbaren Kippwehre geöffnet, damit überschüssiges Wasser abfließen kann. Nach der Bewirtschaftung wird mit dem Wasserrückhalt in der Fläche umgehend wieder begonnen. Fuellhaas: „Indem wir die Grundwasserstände optimieren, ist der Boden länger mit Feuchtigkeit versorgt, so dass sich auch die Futterqualität des Mähguts verbessern dürfte.“ Durch das gezielte Grundwassermanagement mit Hilfe der Kippwehre wird ein großes zusammenhängendes Gebiet für den Wasserrückhalt geschaffen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Schutz und die Förderung organischer, also torfhaltiger Böden durch die Anhebung der Bodenfeuchte. Wenn Torf trockenfällt und mit Sauerstoff in Verbindung kommt, mineralisiert er, und klimarelevante Gase werden freigesetzt. Dieser Effekt wird durch die Maßnahme im Gelbensander Forst verringert.
Hinweis an die Redaktionen: Am Freitag, 14. Oktober 2022, bieten wir um 10 Uhr interessierten Journalistinnen und Journalisten die Möglichkeit, sich vor Ort ein Bild von den Arbeiten zu machen. Eine separate Presseeinladung folgt.