Osnabrück. Lange Zeit haben scheinbar unüberwindbare Konflikte Landwirtschaft und Umweltschutz geprägt. Myriam Rapior vom Umweltverband BUND und Kathrin Muus als Vertreterin der Landwirtschaft haben gezeigt, dass es auch anders geht: Sie entwarfen für die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) gemeinsam die Vision einer ökologischen, sozial nachhaltigen und zugleich ökonomisch tragfähigen Agrarwirtschaft. Für diese herausragende Arbeit wird ihnen am 30. Oktober in Magdeburg beim Festakt zur Verleihung des Deutschen Umweltpreises durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) der Ehrenpreis in Höhe von je 10.000 Euro verliehen. Überreicht wird die Auszeichnung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Die Zukunftskommission Landwirtschaft wurde im Juli 2020 unter dem Eindruck zunehmender Agrar- und Umweltproteste von der damaligen Bundesregierung gegründet und bestand aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Bereiche – von Landwirtschaft über Wirtschaft und Verbraucher sowie Umwelt und Tierschutz bis hin zur Wissenschaft. Hauptaufgabe des Gremiums: Empfehlungen für Wege zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft. Im Juli 2021 legte die ZKL ihren Abschlussbericht vor. „Frau Muus und Frau Rapior haben über Jahre festgefahrene Konflikte überwunden und Brücken zwischen Umwelt und Agrarwirtschaft gebaut“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Der Abschlussbericht sei maßgeblich durch die konstruktive Zusammenarbeit der Ehrenpreisträgerinnen zustande gekommen und habe „entscheidend zu einem Einigungsprozesses beigetragen“. Bonde: „Die beiden zeigen, wie Naturschutz mit ökonomisch tragfähiger Landwirtschaft Hand in Hand gehen kann.“ Rapior und Muus hätten „richtungweisenden Anteil daran, dass die Zukunftskommission die Ernährungs- und Agrarpolitik mit den Parametern ökologische Verantwortung, ökonomische Tragfähigkeit und soziale Akzeptanz neu vermessen hat“, so Bonde. Darüber hinaus seien sie leuchtendes Beispiel für die Einbeziehung junger Erwachsener bei der Entwicklung von Zukunftslösungen.
Konfliktpotenzial Umweltschutz und Landwirtschaft
Die Hälfe der Fläche in Deutschland wird laut Statistischem Bundesamt für Landwirtschaft genutzt. Sie gewährleistet einerseits die Ernährung der Menschen, trägt andererseits durch intensive Landnutzung und Tierhaltung zu Treibhausgasemissionen und Biodiversitätsverlust bei. Zugleich ist Landwirtschaft von Klimaveränderungen wie Starkregen und Dürren selbst stark betroffen. „Die Agrarwirtschaft hat enorme ökologische Verantwortung“, so der DBU-Generalsekretär. „Sie kann Boden-, Wasser- oder Luftqualität positiv wie negativ beeinflussen.“ Die Kontroversen zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft drohten 2019 mit diversen Demonstrationen zu eskalieren. Daraufhin wurde die ZKL initiiert – mit dabei auch Kathrin Muus, von 2018 bis 2022 Bundesvorsitzende beim Bund der Deutschen Landjugend, sowie Myriam Rapior, ehemalige Jugendsprecherin des BUND und von 2019 bis Ende 2021 Mitglied im Bundesvorstand der BUNDjugend.
Eine Zukunft für die Landwirtschaft durch beeindruckende Verständigungsarbeit
Rapior und Muus wurden damit betraut, ein Zukunftsbild für die Landwirtschaft zu entwerfen. „Wir haben unsere und andere Jugendverbände eingebunden und um Meinungen gebeten“, sagt Rapior. Daraus sei schließlich ein gemeinsames Zukunftspapier entstanden. „Wir brauchen auch in anderen Bereichen viel mehr Austausch, um für komplexe Probleme die besten Lösungen zu finden“, so Rapior. „Unsere Zukunftsvision wurde von der ZKL nahezu wortgetreu übernommen“, ergänzt Muus. Daraus sei ein Leitbild entstanden, an dem sich weitere Empfehlungen des Gremiums und der einstimmig beschlossene Abschlussbericht orientiert hätten. „Unser Zukunftsbild führte bei vielen zur Einsicht, dass eine tiefgreifende Transformation der Agrar- und Ernährungswirtschaft für Landwirte, Nutztiere sowie für Umwelt und Klima unverzichtbar ist“, sagt Muus.
Neue Gesprächskultur als Chance für die Zukunft
Beide Ehrenpreisträgerinnen schätzen die „neu entstandene Gesprächskultur“, die sich etwa durch vorher undenkbare Partnerschaften zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz äußere. „Die beiden jüngsten Mitglieder der Zukunftskommission haben durch ihr entschlossenes Suchen nach Gemeinsamkeiten und Lösungen für ein erstrebenswertes Landwirtschafts- und Ernährungssystem nicht nur vorbildlich die Positionen ihrer beiden Jugendverbände in das Gremium hineingetragen“, betont DBU-Generalsekretär Bonde. „Sie haben auch bemerkenswerte Impulse für eine neue Debattenkultur gesetzt.“ Muus‘ und Rapiors Engagement zeige darüber hinaus, wie Transformationsprozesse auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen angestoßen werden könnten. Die beiden jungen Frauen sehen die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft als Chance: „Noch können wir Klimakrise und Artenverlust stoppen. Dafür müssen Ideen für eine Landwirtschaft der Zukunft aber in die Praxis umgesetzt werden.“
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