München. Mit einem gemeinsamen Appell, gute Lebensmittel für alle bereitzustellen und die Wertschätzung landwirtschaftlicher Produkte unbedingt hochzuhalten – egal ob in der konventionellen Landwirtschaft oder im Öko-Landbau produziert – endete heute eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Alles öko oder was?“ in München. Auf Einladung des Presseclubs München nahmen daran Hubert Aiwanger, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Bayerischen Landtag und Agraringenieur, Dr. Franz Ehrnsperger, geschäftsführender Gesellschafter der Neumarkter Lammsbräu, Martin Wimmer, Landwirt des Jahres 2015, und Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender Generalsekretär und Landwirtschaftsexperte der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), teil.
Ökolandbau schützt Biodiversität, beansprucht aber mehr Fläche
In der von Dr. Marlene Weiß, Ressort Wissen der Süddeutschen Zeitung, moderierten Diskussion betonte Wahmhoff, aktuelle Forschungsergebnisse belegten, dass der Ökolandbau am besten dort funktioniere, wo Grünland über Rindviehhaltung bewirtschaftet werde. Hier lägen die Erträge nur zehn bis 20 Prozent unter denen der konventionellen Landwirtschaft. Das stelle sich beim Ackerbau ohne Tierhaltung ganz anders da: hier würden nur etwa 40 Prozent erreicht. Zwar habe der Ökolandbau den gesellschaftlichen Vorteil, dass er die Biodiversität schütze, er beanspruche aber deutlich mehr Fläche. Ein Problem des Ökolandbaus sei auch, dass Böden durch den Verkauf der Produkte Phosphor entzogen werde und damit langfristig der Phosphorgehalt des Bodens sinke.
Wahmhoff: „Die Produktion verdoppeln und die Umweltauswirkungen mindestens halbieren“
Die konventionelle Landwirtschaft trage dafür zu einer Belastung des Grundwassers etwa durch Nitrate bei. Es gebe noch zu viele Stickstoffverluste aus Gülle und Mist, was aktuell dazu führe, dass die Europäische Union Deutschland verklage, weil der Bund nicht genug dagegen tue. Das unterstreiche die Notwendigkeit, rasch zu handeln. Wahmhoff: „Wir müssen die Auswirkungen auf die Umwelt hier wie dort drastisch senken und einen neuen ‚dritten Weg der Nachhaltigkeit‘ gehen. Die Produktion verdoppeln und die Umweltauswirkungen mindestens halbieren – das ist die Aufgabe, vor der die Menschheit steht.“
Importschutz für Fleisch aus dem Ausland gewährleisten
Aiwanger betonte, die Mehrheit in der Bevölkerung wolle eine bäuerliche Landwirtschaft, die aber auch existieren können müsse. Sie habe auch eine hohe gesellschaftspolitische Bedeutung. Deshalb müsse etwa auch ein Importschutz für Fleisch gewährleistet werden. Es könne nicht sein, dass demnächst aus Kanada 80.000 Tonnen Schweinefleisch zusätzlich nach Europa kämen. Vor „solchen Exzessen“ müssten die Landwirte geschützt werden wie auch ihr Engagement für den Erhalt von Flächen mit Steuermitteln zu sichern sei. Nitratmengen müssten verringert, aber auch Produktionsmengen zurückgeführt werden – das allerdings im bestehenden System, das dazu optimiert werden müsse.
Europäische Lösung für die Schweinehalter gefordert
Wimmer forderte eine europäische Lösung für die Schweinehalter. Natürlich sei jahrzehntelang der Fehler gemacht worden, sich auf eine Intensivierung der Landwirtschaft zu konzentrieren, aber es gebe hier durchaus einen „mittleren Weg“. Jedenfalls müssten sich gute Lebensmittel alle leisten können – und sie müssten für alle bezahlbar sein. Genauso unumgänglich sei aber auch eine angemessene Wertschätzung landwirtschaftlicher Produkte.
Mit Intensivierung der Landwirtschaft „falschen Weg perfekt gemacht“
Ehrnsperger kritisierte, dass mit der Intensivierung der Landwirtschaft ein „falscher Weg perfekt gemacht“ worden sei. Deutschland habe europaweit die zweitschlechteste Wasserqualität. Das sei eine bedenkliche Situation und „deshalb stehen wir auch vor dem Europäischen Gerichtshof“. Das bestehende landwirtschaftliche System stoße überall an seine Grenzen. Nur an einzelnen Schräubchen zu drehen, reiche nicht. Es sei vielmehr ein Paradigmenwechsel nötig. Österreich etwa habe eher als Deutschland damit begonnen, den Ökolandbau zu intensivieren. Die Nitratwerte seien dort zurückgegangen. In seinem Brauereibetrieb lasse er die Bauern an der Wertschöpfung teilhaben. Etwas teurere Preise akzeptiere der Verbraucher durchaus.