Osnabrück. „Biogas ist ein Standbein der Energie- und Mobilitätswende. Ausschlaggebend für eine zukunftsfähige Entwicklung werden eine flexible Stromerzeugung und eine nachhaltige Flächennutzung sein. Wenn auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen vorliegen, kann Biogas als Kraftstoffalternative einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten“, betonte Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), anlässlich des 10. Biogas-Innovationskongresses in der DBU in Osnabrück. Um die Erderwärmung wie beim Klimagipfel in Paris 2015 international vereinbart unter zwei Grad zu halten, sei es, so Bottermann, nicht nur wichtig, erneuerbare Energien zu fördern und die Nutzung fossiler Energieträger in absehbarer Zeit einzustellen. Um Märkte bedarfsgerecht zu bedienen, müssten auch die Potenziale der einzelnen Energieträger erkannt und effektiver genutzt sowie Nachteile kompensiert werden. Bottermann: „Insbesondere bei Biogas sehe ich noch Entwicklungsbedarf.“
Multitalent Biogas: Stromschwankungen ausgleichen, Abwärme vermarkten
Bottermann zeigte bei dem Kongress, der in Zusammenarbeit mit unter anderem dem Fachverband Biogas, dem Deutsche Bauernverband und dem Bundesverband BioEnergie stattfand, drei zentrale Herausforderungen für die Biogas-Branche auf. Die erste: Windenergie und Photovoltaik würden die zukünftige Stromversorgung tragen. Wind und Sonne seien jedoch nicht immer ausreichend vorhanden, so dass Schwankungen entstehen. Die aus Biogas gewonnene Energie habe das Potenzial, naturgegebene Schwankungen auszugleichen und könne somit flexibel auf den Strombedarf reagieren. Zusätzlich müssten notwendige infrastrukturelle Veränderungen beim Betrieb der Anlagen verwirklicht werden. Ein Ausbau von Gasspeichern und der modulare Betrieb von Blockheizkraftwerken könne eine Lösung sein. Es sei effektiver, kleine Blockheizkraftwerke unter Volllast zu fahren und je nach Bedarf weitere zuzuschalten, als ein großes zu betreiben, das teilweise nur geringfügig ausgelastet sei, etwa wegen mangelnder Stromnachfrage. Auch neue Geschäftsmodelle sollten, so Bottermann, in Betracht gezogen werden. So müsse heute die Abwärme der Biogasanlagen, die in der Vergangenheit häufig einfach verpuffte, zusätzlich zum Strom genutzt werden und als weitere Einkommensquelle dienen.
Biomethan aus Biogas für Schwerlast- und Schiffsverkehr nutzen
Eine weitere Herausforderung liege, so der DBU-Chef, im Mobilitätssektor. Auf Deutschlands Straßen seien 2014 160 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen worden – eine Verringerung der Kohlendioxid-Belastung sei derzeit nicht erkennbar. Das widerspreche jedoch der politischen Zielsetzung: Bis 2050 soll der Endenergieverbrauch im Verkehr um 40 Prozent verringert werden im Vergleich zu 2005. Bottermann: „Die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan bietet Anlagenbetreibern ein weiteres neues Geschäftsmodell und finanzielle Möglichkeiten. In DBU-Projekten haben wir zeigen können, dass Methan zum Beispiel aus Biogasanlagen eine klimaschonende Kraftstoffalternative für Arbeitsmaschinen sein kann.“ So wurde etwa von der Universität Rostock ein herkömmlicher Dieselmotor-Traktor zu einem gasbetriebenen Traktor umgebaut. Das Ergebnis: Vergleichbare Leistungsdaten wie beim Diesel-Grundmotor bei gleichzeitiger Verringerung des Kohlendioxid- und Stickoxidausstoßes. Weitere Beispiele aus der Praxis zeigten, dass der Kraftstoff auch im Schwerlast- und Schiffsverkehr problemlos einsetzbar sei. Darüber hinaus könne Biomethan nach einer entsprechenden Aufreinigung auch ins Netz eingespeist werden und damit eine zusätzliche Einnahmequelle für die Unternehmen bieten.
Verknüpfung mit nachhaltiger Entwicklung macht Branche zukunftsfähig
Die dritte zentrale Herausforderung für die Biogas-Branche liege laut Bottermann darin, den zukünftigen Fortschritt stärker mit einer nachhaltigen Entwicklung zu verknüpfen. „Der intensive Maisanbau, der auch mit der Biogas-Erzeugung in Zusammenhang steht, hat zu einem Image-Schaden der Branche geführt. Das können wir uns weder im Zusammenhang mit den Zielen der Energiewende noch bezogen auf den Verlust der Artenvielfalt leisten. Es ist überfällig, verstärkt nach sinnvollen Alternativen zu suchen.“ So falle etwa bei der Landschaftspflege von Flächen mit hoher Artenvielfalt Grünmaterial an, das ebenso in Biogas-Anlagen verwertet und genutzt werden könne. Wenn dies für die Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen keine Alternative sei, müsse bei den Förderungen nachgebessert werden. Bottermann: „Als dezentraler Lieferant erneuerbarer Energie hat Biogas eine nicht zu unterschätzende Bedeutung mit weiterem Potenzial nach oben. Jetzt gilt es, sie zukunftsfähig zu machen.“