Osnabrück. „Die nationalen Emissionen von Stickstoffoxiden und Ammoniak müssen dringend gesenkt werden. Der heute übliche Umgang mit organischen Düngern muss grundsätzlich überdacht werden. Ziel muss sein, die unerwünschten Stickstoffverluste auf ein Minimum zu verringern und die angebauten Pflanzen für Nahrungs- und Futtermittel dennoch optimal mit Nährstoffen zu versorgen. Dabei hat die ausreichende Lebensmittelversorgung der Bevölkerung hohe Priorität.“ Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), reagiert mit diesen Worten auf einen Bericht im ARD-Magazin „Monitor“ von gestern Abend, in dem nach einer Studie des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie auf die hohe Verantwortung der Landwirtschaft für die Emission von Ammoniak als einer Vorstufe für die Entstehung von Feinstaub in Deutschland hingewiesen worden war.
Nur etwa 60 Prozent der gedüngten Stickstoffmengen finden sich in Deutschland später auch in geernteten Produkten
„Stickstoff ist für Menschen, Tiere und Pflanzen überlebenswichtig und als zentraler Baustein von Eiweiß ein wichtiger Wachstumsmotor und Bestandteil von Pflanzendünger. Doch seit Jahren gelangt besonders beim Düngen und aus der Tierhaltung bedenklich viel Stickstoff in Wasser, Luft und Böden. Laut Umweltbundesamt stammen zwei Drittel der Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft. Dies ist zu einem der zentralen Umweltprobleme des 21. Jahrhunderts geworden“, warnt Bonde. Die in der Europäischen Union vorgegebenen Grenzwerte würden in Deutschland noch längst nicht eingehalten. Bonde: „Die DBU sieht hier seit Jahren dringenden Handlungsbedarf und fördert Dünge-, Tierhaltungs- und Fütterungsmethoden und -technologien, durch deutlich weniger Stickstoffverbindungen in die Umwelt gelangen. Nur etwa 60 Prozent der gedüngten Stickstoffmengen finden sich in Deutschland später auch in den geernteten Produkten wieder, weltweit sind es noch weniger. Deshalb ist die Effizienz der Stickstoffdüngung aus Umweltschutzgründen noch deutlich zu steigern“, sagt Bonde.
DBU verfolgt seit Jahren verschiedene Lösungsansätze
Um die Emissionswerte von Stickstoff zu verringern, verfolge die DBU seit Jahren verschiedene Lösungsansätze, die einerseits auf verbesserte Düngetechnik und Lagerung von Dünger, andererseits auf eine emissionsärmere Tierhaltung abzielen, erklärt Bonde. Unter anderem soll bundesweit ein modellbasiertes Beratungssystem für die Stickstoffdüngung von Winterweizen etabliert werden, das an der Christian-Albrechts-Universität Kiel erarbeitet wurde. Die Technische Universität München optimiere das Stickstoffmanagement im Rapsanbau mit einem Düngesystem, bei dem die Ökoeffizienz erhöht werden könne. Dabei erfassen Sensoren an den Landmaschinen berührungslos den Versorgungszustand der Pflanzen mit Stickstoff. Auch das an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg weiterentwickelte Gülle-Strip-Till-Verfahren für den Einsatz organischer und mineralischer Düngung sei sehr erfolgversprechend. Die Georg-August-Universität Göttingen und die Firma Kotte Landtechnik (Rieste) haben ein System zur sogenannten Unterfußinjektion entwickelt, mit dem bei der organischen Düngung von Mais bis zu 90 Prozent weniger Ammoniak in die Atmosphäre gelange. Wegweisend seien auch Konzepte zum sogenannten güllelosen Stall, dem „Stall der Zukunft“, wie Bonde erläutert: „Wir wollen Stallbaukonzepte zum Verringern von Ammoniak-Emissionen unterstützen, bei denen von Vornherein Kot und Harn getrennt werden, Gülle und folglich die damit verbundenen Stickstoffemissionen also gar nicht erst entstehen.“
Hohen Konsum tierischer Produkte senken
Schließlich gebe es aber auch Handlungsmöglichkeiten für die Verbraucher. Stickstoffüberschüsse könnten nur dann ausreichend verringert werden, wenn höhere Umweltanforderungen an die Landwirtschaft in Deutschland mit veränderten Konsummustern einhergingen. Bonde: „Der gegenwärtig hohe Konsum tierischer Produkte wie Fleisch, Eier und Milch könnte gesenkt und Lebensmittelabfälle sollten verringert werden.“ Verbraucherinformation sei wichtig.