München. Bewachsene Bodenfilter sind natürlich wirksam, technisch leicht anzuwenden und verbessern die herkömmliche Kläranlagentechnik. Sie können das zunehmende Umweltproblem von Medikamentenrückständen, Hormonen und Pestiziden in Flüssen, Bächen und Seen zu lösen helfen. Über 630 verschiedene Arzneimittelwirkstoffe hat eine Studie des Umweltbundesamtes weltweit in der Umwelt nachgewiesen. Derzeit diskutiert die Europäische Union über Umweltqualitätsnormen für diese Stoffe, um das 2000 in der Wasserrahmenrichtlinie gesteckte Ziel eines guten ökologischen Zustands der Gewässer bis 2015 zu erreichen. „Da nur 0,4 Prozent der Süßwasservorräte als Trinkwasser zur Verfügung stehen, muss der vorsorgende Gewässerschutz eine der wichtigsten Aufgaben sein“, fordert Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), anlässlich der am 5. Mai in München startenden Messe IFAT. Die DBU fördert naturnahe und technische Reinigungsverfahren für die sogenannte vierte Reinigungsstufe, um das Problem der nur schwer abbaubaren Stoffe einzudämmen.
Arzneimittel gelangen aus Kläranlagen in Flüsse, Bäche und Seen - resistente Krankheitserreger
„Sauberes Wasser ist ein unverzichtbares Gut für Pflanzen, Tiere und Menschen. Der Mensch braucht es für seine Ernährung, die tägliche Hygiene, zur Erholung und als kostbaren Rohstoff. Auch wenn zum Beispiel die im Jahr 2000 erlassene europäische Wasserrahmenrichtlinie Erfolge zeigt, muss das Thema Wasser und Umweltschutz auf der politischen Agenda weiter nach oben rücken“, sagt Bottermann. Das Problem: Viele der über 3.000 in Deutschland zugelassenen Arzneimittelwirkstoffe und Hormone würden im menschlichen Körper nicht vollständig abgebaut und wieder ausgeschieden. Bislang könnten sie kaum oder gar nicht aus dem Abwasser entfernt werden und gelangten aus den Kläranlagen in den Wasserkreislauf. Bei Fischen komme es durch Hormon- und Medikamentenaufnahme sogar zur Geschlechtsumwandlung. Außerdem würden Bakterien und damit auch zunehmend Krankheitserreger resistent gegen Antibiotika, die ihre Wirkung dadurch verlieren.
DBU fördert seit Mitte der 90er Jahre bewachsene Bodenfilter: wirksame Verfahren für vierte Reinigungsstufe
Deshalb habe die DBU schon seit Mitte der 90er Jahre Projekte zu bewachsenen Bodenfiltern unterstützt, obwohl damals die Fachwelt der naturnahen Behandlung häuslicher Abwässer noch mit großer Skepsis gegenübergestanden habe. Doch nach ersten erfolgreichen DBU-Modellprojekten habe sich das geändert. Pflanzenfilter würden inzwischen breit gefördert. Daraus seien jetzt sehr wirksame Verfahren als sogenannte vierte Reinigungsstufe abgeleitet worden. „Die an die herkömmlichen Klärstufen angeschlossenen Filteranlagen aus robusten Pflanzenarten, speziellen Pilzkulturen und Holzkohle aus Gartenabfällen können auch komplizierteste Moleküle von Arzneimitteln knacken“, sagt Franz-Peter Heidenreich, DBU-Referent für Wasserwirtschaft und Bodenschutz.
Naturnahe und technische Verfahren entfernen Mikroschadstoffe aus Abwasser
In dieser vierten Reinigungsstufe von Kläranlagen könnten naturnah durch neuartige Aktivkohle- und Pflanzenfilter sowie durch das technische Hinzufügen von Ozonanlagen und Anlagen mit ultraviolettem Licht die Mikroschadstoffe aus dem Wasser entfernt werden. Heidenreich: „Die Ergebnisse sind sehr vielversprechend. In zukünftigen Arbeiten müssen wir noch klären, dass die dabei entstehenden Abbauprodukte unbedenklich sind.“ Allerdings werde in Politik und Bevölkerung derzeit noch diskutiert, ob diese zusätzliche Reinigungsstufe per Gesetz kommen und wer die Kosten dafür tragen wird – die Kläranlagenbetreiber und damit die Bürger oder die Verursacher.
Bewachsene Bodenfilter für eine "ökologische und energieeffiziente Verbesserung der Wasserqualität"
„Mit den bewachsenen Bodenfiltern hat die Branche für Abwassertechnik und Wasseraufbereitung einen innovativen, wirksamen, ökologisch vorbildlichen und energieeffizienten Weg zur Verbesserung der Wasserqualität gefunden“, betont Bottermann und zeigt einige Beispiele auf, die von der DBU gefördert wurden und vom 5. bis 9. Mai auf der Leitmesse für Umwelttechnologie in München präsentiert werden. Im Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien der Universität Bremen wurde ein neuartiges Verfahren entwickelt, bei dem erstmals in Kleinkläranlagen mit einem speziellen Substrat aus Bio- bzw. Pflanzenkohle das Wasser von Arzneimittelrückständen gereinigt werden konnte. Die Firma Aqua-bioCarbon aus Goslar (Niedersachsen) arbeitet an einem technischen Reinigungsverfahren, bei dem das Wasser mit ultraviolettem Licht und besonders aufnahmefähigem Aktivkoks behandelt wird, der Bakterien und Mikroorganismen wirksam aufnehmen und festhalten kann. Bottermann: „Doch so wirksam die Pflanzenfilter auch sein mögen: An erster Stelle muss der vorsorgende Gewässerschutz stehen. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, das Wasser erst gar nicht zu verschmutzen und verhindern, dass Medikamentenwirkstoffe und Chemikalien ins Abwasser gelangen.“
Hinweis an die Redaktionen:
Die DBU präsentiert Projekte zum Themenschwerpunkt „Bewachsene Bodenfilter“ bei der Leitmesse für Umwelttechnologie IFAT in München in Halle 5A, Stand Nr. 310.
Weitere DBU-Veranstaltungen auf der IFAT
- Mittwoch, 7. Mai, Halle 5A, Stand Nr. 310: 11.30 bis 12.15 Uhr Podiumsgespräch zum Thema „Möglichkeiten und Herausforderungen bei der Verminderung von Mikroschadstoffen im Gewässer“ mit DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann, DWA-Vizepräsident Univ. Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft) und Vertretern der Mitaussteller.
- Mittwoch, 7. Mai, Halle B0: Innovationsforum Wasserwirtschaft: „Herausforderungen Energieeffizienz in der Wasserwirtschaft“ (13.30 Uhr bis 16.00 Uhr); „Weitergehende Abwasserreinigungsverfahren in der Praxis“ (16.00 Uhr bis 17.45 Uhr)
- Donnerstag, 8. Mai, Halle B0: Innovationsforum Wasserwirtschaft „GIS/GDI“ (9.30 Uhr bis 11.30 Uhr).
- Donnerstag, 8. Mai, Halle B0: Gemeinsames Wissensaustauschprojekt von DBU und DWA „West meets East“ (12.30 Uhr bis 14.00 Uhr).
- Weitere Informationen unter http://www.dbu.de/ifat.