Das Offenland im Wandel

Dritte Fachtagung des Naturerbe-Rates zu Flächen des Nationalen Naturerbes

Text: Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)

Bonn/Wolfsburg. Wie erhalten wir den wertvollen, aber gefährdeten Lebensraum Offenland? Unter dieser Leitfrage kamen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Forschung und Praxis zur dritten Fachtagung des Naturerbe-Rates am Mittwoch und Donnerstag, 16. und 17. Oktober, in Wolfsburg zusammen. Die Veranstaltung mit dem Titel „Herausforderung Offenlandpflege – Technik(en), Risiken und Grenzen“ bot die Möglichkeit zu fachlichem Austausch, Vernetzung und Diskussion. Im Anschluss an die Tagung besuchten die Teilnehmenden die Naturerbefläche des Bundes „Ehra-Lessien“ im Landkreis Gifhorn.

Nachdem am ersten Tag Vorträge und Diskussionen auf dem Programm standen, ging es am zweiten Tag auf die Naturerbefläche des Bundes Ehra-Lessien. Der Bundesforstbetrieb Niedersachsen hatte eine Exkursion mit vielen Informationen etwa zur Heidepflege zusammengestellt.
© Katja Behrendt/ DBU Naturerbe

„Naturschutz funktioniert nur, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen. Unsere Tagung beweist einmal mehr, wie wichtig der Austausch von Wissenschaft, Politik und Praxis ist“, betonte Christian Tölle, Abteilungsleiter im Geschäftsbereich Bundesforst und Sprecher des Naturerbe-Rates. Viele Naturerbeflächen wurden ehemals militärisch genutzt und weisen heute Heiden, Magerrasen und Weiden auf. Viele Tier- und Pflanzenarten haben sich daran angepasst. Damit dieser Reichtum an spezialisierten Arten und Lebensräumen fortbestehen kann, müssen die Flächen dauerhaft und behutsam gepflegt werden. Ansonsten verbuschen diese und entwickeln sich langsam wieder zu Wäldern.

Flächen werden dauerhaft behutsam gepflegt

Daher wird das Offenland im Nationalen Naturerbe regelmäßig gemäht, beweidet oder auch durch kontrolliertes Abbrennen gepflegt. Insbesondere auf den ehemaligen Militärflächen ist die Pflege wertvoller Offenland-Lebensräume eine besondere Herausforderung, da diese oftmals noch mit Kampfmitteln belastet sind. Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe, zeigte sich über den Austausch erfreut: „Eine solche Fachtagung ist von besonderer Bedeutung, um die Planung und Umsetzung von Offenlandmanagement sowie Möglichkeiten und Grenzen beim technischen Einsatz für den Naturschutz und bestmögliche Lösungen zu diskutieren.“ Bei der abschließenden Podiumsdiskussion stand die Frage im Fokus, wieviel Dynamik zugelassen werden sollte in der Pflege von schützenswerten Lebensräumen im Hinblick auf den Klimawandel und der in Deutschland zu realisierenden Wildnisziele „Auf den Naturerbeflächen wollen wir in den Wäldern eine natürliche Entwicklung zulassen, offene Lebensräume aber erhalten und pflegen. Um diese Ziele zu erreichen, brauchen wir für den Naturschutz im Nationalen Naturerbe finanzielle Unterstützung und möglichst schlanke und schnelle Genehmigungsverfahren“, erklärte Susanne Belting.

Kampfmittelbelastetes Naturparadies

Bei einer Exkursion auf die Naturerbefläche des Bundes „Ehra-Lessien“ am zweiten Tag der Veranstaltung gab der Bundesforstbetrieb Niedersachsen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) einen Einblick in die Praxis. Die Fläche zeichnet sich durch ihre Großflächigkeit sowie ein Mosaik trockener und feuchter Sandheiden, offener Grasflächen sowie Sandmagerrasen aus. Sie bietet Lebensraum für seltene Arten wie Heidelerche und Schlingnatter. Aufgrund der ehemaligen militärischen Nutzung, unter anderem als Bombenabwurfplatz, ist auf dem gesamten Areal von einer hochgradigen Kampfmittelbelastung auszugehen. Das stellt zusätzliche Herausforderungen an die Betreuung der Fläche. Die Beschäftigten des vor Ort zuständigen Bundesforstbetriebes schilderten eindrucksvoll ihre Erfahrungen mit der Pflege des Naturrefugiums beispielsweise unter Einsatz sogenannter „geschützter Technik“. Dr. Dirk Drewes, designierter Leiter des Bundesforstbetriebes Niedersachsen, ergänzte: „Die Offenlandpflege, insbesondere unter diesen Bedingungen, erfordert großes fachliches Know-How, enge Partnerschaften und große finanzielle Mittel. Die Fachtagung bietet eine ideale Plattform, um sich über diese Themen auszutauschen.“

Die Mitglieder des Naturerbe-Rats haben rund 100 Teilnehmende zu ihrer 3. Fachtagung nach Wolfsburg eingeladen.
© Katja Behrendt/ DBU Naturerbe

Über das Nationales Naturerbe

Das Nationale Naturerbe sind Eigentumsflächen verschiedener Akteure des Naturschutzes, auf denen der Schutz von Arten und Lebensräumen immer und dauerhaft Vorrang hat. Das Nationale Naturerbe umfasst schützenswerte Wälder, Wiesen, Heiden, Äcker, Moore, Auen, Gewässer und Küsten.

Die Flächen des Nationalen Naturerbes gehören dem Bund, den Ländern, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und vielen Naturschutzorganisationen. Die Eigentümer arbeiten eng zusammen und haben sich gemeinsam auf anspruchsvolle Naturschutz-Standards für die Naturerbe-Flächen verständigt: In den naturnahen Wäldern darf sich die Natur ohne das Zutun des Menschen entwickeln. Naturferne Wälder werden naturnäher gestaltet und dann ebenfalls der natürlichen Entwicklung überlassen. Wiesen, Heiden und Magerrasen werden durch Mahd oder Beweidung langfristig gepflegt, Äcker naturnah bewirtschaftet, Gewässer, Moore und Küsten geschützt oder renaturiert. Die Eigentümer des Nationalen Naturerbes investieren jährlich Millionenbeträge, um ihre Flächen zu erhalten, zu entwickeln und erlebbar zu machen.

Bundesweit umfasst das Nationale Naturerbe derzeit rund 164.000 Hektar. Das entspricht fast der Landfläche aller deutschen Nationalparks. Das Nationale Naturerbe umfasst ehemalige Militärgebiete, Flächen am Grünen Band (ehemalige innerdeutsche Grenze) und aus dem DDR-Volkseigentum sowie Sanierungsflächen des ostdeutschen Braunkohletagebaus. Alle Naturerbe- Flächen stammen aus dem Bundesvermögen. Auf Initiative von Naturschutzorganisationen verzichtet der Bund seit 2005 auf die kommerzielle Privatisierung der naturschutzfachlich bedeutsamen Flächen und widmet sie dauerhaft dem Naturschutz. Dieses Geschenk des Bundes an die nachkommenden Generationen ist ein bedeutender Meilenstein im deutschen Naturschutz.

Hintergrund zum Naturerbe-Rat:

Der Naturerbe-Rat ist ein Zusammenschluss der Akteure, die die Flächen des Nationalen Naturerbes besitzen oder betreuen. Er vertritt die Interessen aller Beteiligten, fördert den fachlichen Austausch untereinander sowie die Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Mitglieder des Naturerbe-Rates sind:

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)
Bundesamt für Naturschutz (BfN)
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)
DBU Naturerbe GmbH – eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Deutscher Naturschutzring (DNR)
Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA)
• Naturschutzstiftungen der Länder

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