Projekt 30839/01

Förderinitiative Nachhaltige Pharmazie 2: Entwicklung eines umweltverträglichen Antibiotikums

Projektträger

Leuphana Universität Lüneburg Professur für Nachhaltige Chemie und Stoffliche Ressourcen
Universitätsallee 1
21335 Lüneburg
Telefon: +49 4131 677-2893

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Im Rahmen des beantragten Projektes sollten wirksame und umweltverträgliche Varianten des Antibiotikums Ciprofloxacin aufbauend auf einer Vielzahl bereits vorliegender eigener Ergebnisse zur Abbaubarkeit am Computer entwickelt und nach in silico Validierung synthetisiert werden. Das Projekt sollte die Vereinbarkeit von Wirkstoffentwicklung mit umweltwissenschaftlichen und Nachhaltigkeitsaspekten demonstrieren und damit das Forschungsfeld der nachhaltigen Pharmazie erweitern und unterstützen und einen Beitrag zum Gewässerschutz liefern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurde die Struktur des Antibiotikums Ciprofloxacin gezielt so verändert, dass neue Stoffe basierend auf der Grundstruktur des Ausgangsstoffes und verschiedenen abbaubaren Seitenketten resultierten.

Die angewandten Arbeitsschritte bzw. Methoden waren vor allem:

1. In silico Entwicklung und Validierung von abbaubaren Antibiotika-Kandidaten
2. Synthese ausgewählter Kandidaten
3. Prüfung der pharmakologischen Wirksamkeit und Stabilität in vitro
4. Testung der biologischen Abbaubarkeit und Analyse der Zerfallsprodukte
5. Ökotoxikologische Testung
6. Patentierung und Publikation


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen des Projektes wurden mit Hilfe von computergestützten Methoden, durch gezielte molekulare Strukturveränderungen in Kombination mit experimentellen Methoden, umweltfreundlichere Varianten von Ciprofloxacin und seiner Grundstruktur entwickelt. Die ersten ausgewählten Kandidaten wurden systematisch am Computer optimiert. Dafür wurde die bereits aufgebaute Biomolekülbibliothek signifikant erweitert (auf ca. 400 Naturstoffe). So konnten großangelegte Screeningansätze durchgeführt werden.
Mehrere Varianten konnten erfolgreich synthetisiert werden. Zwei der Varianten Cipro-Hemi und CG008-Hemi, die sich nach mehreren Verbesserungszyklen ergaben, sind gegenüber ausgewählten pathogenen Bakterien in vitro wirksam. Die antibiotische Wirksamkeit in den üblichen Testsystemen gegenüber ausgewählten und typischen pathogenen Bakterien ist etwas geringer als die des Ciprofloxacins. Bezüglich Absorption, Distribution, Metabolismus und Toxizität (ADMET) sind sie nach ersten Untersuchungen jedoch geeignete Kandidaten für neue Arzneimittel. In der Umwelt wird der eine Wirkstoff teilweise abgebaut und deaktiviert. Der andere zerfällt bei der Ausscheidung (in der Blase) in zwei inaktive Teile, wobei der eine schnell und vollständig biologisch in der Umwelt abbaubar ist. Die verbleibenden Fragmente sind im ausgewählten Testsystem (Algen) nicht toxisch. Die beiden Substanzen wurden zum Patent angemeldet, um einerseits die Forschungsarbeiten weiterführen zu können und die Substanzen für pharmazeutische Unternehmen interessant zu machen und die Chance zu wahren, dass sie zu Arzneimitteln weiterentwickelt werden können. Die Patenteinreichung ist auch Voraussetzung um einen Antrag zur Förderung weiterer Arbeiten, für weitere Strukturvarianten und Erzeugung weiterer relevanter Daten beim BMBF einreichen zu können. Ein solcher Antrag ist in Vorbereitung und wird zeitnah beim BMBF eingereicht werden.
Neben den eigentlichen Wirkstoffen wurden Varianten des Grundgerüsts bzw. der beim Zerfall/Abbau in der Umwelt entstehenden Fragmente synthetisiert und untersucht, was zu einem besseren Verständnis der Gründe für die Stabilität des Grundgerüsts bzw. der gebildeten Fragmente in der Umwelt führte.
Neben den genannten Arbeiten entstand eine Masterarbeit. Einige Arbeiten werden im Rahmen von zwei Dissertationen fortgeführt, für die Stipendien eingeworben werden konnten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde von Anfang an durch intensive Öffentlichkeitsarbeit (Presse, Rundfunk, Fernsehen) auch durch die DBU begleitet, nicht zuletzt war auch die Patenteinreichung ein Anlass dafür. Es gab vielfältige nationale und internationale, zum Teil bis jetzt anhaltende Resonanz, das nicht zuletzt zu vermehrtem Interesse und Kontakten mit pharmazeutischen Unternehmen führte, die mehr über die Wirkstoffe und das Konzept an sich wissen wollten. In einigen Fällen wurden in den Unternehmen Vorträge vor Mitarbeitern der Arzneimittelentwicklung gehalten, die dadurch zum Teil erstmals mit den Themen Arzneimittel in der Umwelt und Nachhaltige Pharmazie in Kontakt kamen. Das Konzept als solches sowie u. a. die laufenden Arbeiten (um die Patentanmeldung nicht zu gefährden nur andeutend) wurden auf einer Vielzahl nationaler und internationaler Tagungen, meist eingeladene Vorträge, der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Es traf auf großes Interesse.

Leder, C.; Rastogi, T.; Kümmerer, K. (2015) Putting benign by design into practice-novel concepts for green and sustainable pharmacy: Designing green drug derivatives by non-targeted synthesis and screening for biodegradability. Sustainable Chemistry and Pharmacy, 2, 31–36.
In diesem Artikel werden neue Ideen und Konzepte zur Entwicklung umweltfreundlicher Medikamente vorgestellt. Das Förderprogramm „Nachhaltige Pharmazie“ der DBU findet hier besondere Erwähnung. Außerdem wurde die Förderung durch die DBU in der Danksagung anerkannt.
Ein Manuskript zur Veröffentlichung der Ergebnisse ist erstellt, soll aber erst zur Veröffentlichung eingereicht werden, wenn die Patente erteilt oder endgültig verwehrt wurden.


Fazit

Insgesamt konnte erfolgreich demonstriert werden, dass sich verbesserte Umweltfreundlichkeit und pharmazeutische Wirksamkeit nicht grundsätzlich ausschließen. Mit der Anmeldung zweier Stoffe zum Patent hat sich auch die Haltung der Industrie gegenüber diesem Ansatz deutlich geändert. Sie spricht nicht mehr kategorisch davon, dass dies nicht möglich wäre, sondern lediglich, dass es noch viel Zeit benötige.

Übersicht

Fördersumme

460.944,00 €

Förderzeitraum

01.11.2014 - 30.04.2018

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik