Projekt 22963/01

Lebensader Schilde – Gewässer- und Moorrenaturierung in der Schildeniederung im Biosphärenreservat Schaalsee

Projektträger

Amt für das Biosphärenreservat Schaalsee
Wittenburger Chaussee 13
19246 Zarrentin
Telefon: 038851/302-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Auf einer Strecke von 14,2 km durchfließt die Schilde das UNESCO-Biosphärenreservat Schaalsee. Das Fließgewässer ist Bestandteil einer überregionalen Biotopverbundachse, die nach Süden Richtung Elbe verläuft. Das ca. 1.340 ha große Projektgebiet entlang des Talraumes der Schilde gehört zur Pflegezone des Biosphärenreservats Schaalsee und ist Bestandteil des Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebietes Schaaletal mit Zuflüssen und nahegelegenen Wäldern und Mooren (EU-Nummer DE 2531-303) und ist damit Teil des ökologischen Netzes NATURA 2000.
Durch in der Vergangenheit erfolgte Gewässerausbaumaßnahmen sind viele Abschnitte der Schilde stark verändert und in ihren landschaftsökologischen Funktionen beeinträchtigt. Daher besteht ein dringender Sanierungsbedarf das Fließgewässer und seine Niederungen nachhaltig in seiner ökologischen Funktionsfähigkeit entsprechend den nationalen und internationalen Anforderungen (Wasserrahmenrichtlinie, Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, Wasserhaushaltsgesetz, Landesnaturschutzgesetz M-V) zu sichern und zu entwickeln.
In einem kooperativen, umsetzungsorientierten Planungsprozess sollen die planungs- und eigentums-rechtlichen Voraussetzungen für die Fließgewässerrenaturierung der Schilde sowie die Sanierung des angrenzenden Tessiner Moores sowie des Neuendorfer Moores, dem Quellgebiet der Schilde, geschaffen werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenVom Amt für das Biosphärenreservat Schaalsee wurde von März 2005 bis Dez. 2007 eine von der DBU geförderte Projektstelle eingerichtet. Das sehr umfangreiche Projektmanagement umfasste die Koordination mit privaten und öffentlichen Kooperationspartnern, beteiligten Planungsbüros, Eigentümern und Nutzern sowie die Öffentlichkeitsarbeit und das Einwerben von Förder- und Drittmitteln.
Als Planungsgrundlagen für die Renaturierung der Schilde sowie der Moore wurden zwischen 2003 und 2006 verschiedene gewässerökologische, naturschutzfachliche und hydraulische Gutachten und Genehmigungsplanungen erarbeitet. Dazu zählen u. a.
die Machbarkeitsstudie über die ökologische Renaturierung des Schildegebietes und des Tessiner Moores (gefördert durch LEADER+),
der FFH-Managementplan Schilde
Entwicklung eines partizipativen Umsetzungskonzeptes zur Renaturierung des Neuendorfer Moores (LEADER+)
die Vermessung und Hydraulik der Schilde - Vorplanung zur Umsetzung des FFH-Managementplanes für die Schilde (gefördert durch LEADER+).

Von besonderer Bedeutung war die Vernetzung des Projektes mit anderen Planungen und Projekten auf regionaler und landespolitischer Ebene. Bereits 2003 wurde das Bodenordnungsverfahren Schilde angeordnet, in dem die naturschutzfachlichen Zielstellungen für das Schildegebiet und deren Umsetzung integrale Bestandteile bilden.
Zur Optimierung und Vernetzung regionaler Naturschutzplanungen sowie zur Erschließung von Finanzmitteln für den erforderlichen Flächenerwerb wurde das Schildegebiet und das Tessiner Moor in das Projektkerngebiet des gesamtstaatlich repräsentativen Naturschutzgroßprojektes Schaalsee-Landschaft II integriert. Auf landespolitischer Ebene wurde die Schilde für die modellhafte Erstellung eines FFH-Managementplanes sowie als Pilotprojekt für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ausgewählt. Dadurch konnten Planungsmittel für das Gesamtprojekt gebündelt werden. Die Bewirtschaftungsvorplanung wird beispielhaft unter Berücksichtigung der Renaturierungsmaßnahmen erstellt; von dem Ergebnis wird sich u. a. eine Entschärfung von Interessenskonflikten bei der Gewässerunterhaltung mit den zu-ständigen Wasser- und Bodenverbänden erhofft.
Es wurde ein umfangreiches Netzwerk von Kooperationspartnern aus verschiedenen Institutionen, Stiftungen, kommunalen und anderen Einrichtungen aufgebaut, die an der Umsetzung des Projektes aktiv mitwirken. Als wichtiger Kooperationspartner profilierte sich die Gemeinde Wittendörp, in deren Zustän-digkeitsbereich der Großteil des Projektgebietes liegt, indem sie die Trägerschaft und Antragstellung für die Förderung wasserbaulicher Maßnahmen für bisher 5 Renaturierungsprojekte übernommen hat.
Für die Finanzierung der Maßnahmen wurden Landes- bzw. EU-Förderprogramme der Wasserwirtschaft und des Moorschutzes beantragt. Über LEADER+ konnten verschiedene Gutachten finanziert werden. Die zur Kofinanzierung erforderlichen Eigenmittel wurden im Rahmen des Projektmanagements über Ausgleichs- und Stiftungsgelder eingeworben. Neben der DBU konnten noch andere Sponsoren für das Projekt als Partner gewonnen werden. Dazu zählen die Stiftung Biosphäre Schaalsee, die Deutsche Wildtier Stiftung, die Stiftung Umwelt und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern, die Vattenfall Europe Umweltstiftung, die Hoppe-Stiftung Naturschutz sowie Honda Motor Europe (North) GmbH, die sich bei der Umsetzung von Maßnahmen sowie im Flächenerwerb engagieren.
Seit Juni 2005 begleiten Bachpaten der 4. Klasse der Grundschule am Friedensring in Wittenburg die Renaturierungsmaßnahmen entlang der Schilde. Mit den Kindern werden im Laufe des Schuljahres verschiedene erlebnisreiche Umweltbildungsangebote durchgeführt (Pflanzaktionen, Baustellenbesichtigungen, Gewässeranalysen, Spieleinheiten zu verschiedenen Themen).


Ergebnisse und Diskussion

Die zeitnahe Umsetzung geplanter Projekte innerhalb von 2 Jahren und damit schnell sichtbare Erfolge haben wesentlich zur Projektakzeptanz in der Region beigetragen. Mit dem Rückbau der Wehre und Sohlschwellen in Karft und Woez und dem Bau naturnaher Fischaufstiegsanlagen begann im September 2005 die Umsetzungsphase des Projektes. Im Herbst dieses Jahres fand die erste Pflanzaktion mit Freiwilligen (Hegering, Bachpaten) an der Schilde statt, bei der ein 500 m langer und 12 m breiter Uferrandstreifen entlang der Schilde mit standortgerechten Bäumen und Sträuchern bepflanzt wurde.
Im Herbst 2006 erfolgten bei Döbbersen der Umbau eines Wehres und die Neuanlage einer naturnahen Fisch- und Evertebratenaufstiegsanlage, so dass die ökologische Durchgängigkeit der Schilde im Bereich des Biosphärenreservates nun wieder hergestellt ist. Des Weiteren erfolgte die Neuprofilierung eines 500 m langen Schildeabschnittes, der mit Unterstützung der freiwilligen Feuerwehr sowie des Fördervereins Biosphäre Schaalsee e.V. bepflanzt wurde.
Die Sanierungsmaßnahmen im Bereich des Tessiner Moores (Wasserstandsanhebungen, Entkusselung und Waldumbau) wurden im Feb. 2007 abgeschlossen. Mit den Maßnahmen zur Renaturierung des Neuendorfer Moores (Wasserstandanhebung, Waldumbau, Bypass für landwirtschaftliche Dränwässer) wurde im Herbst 2007 begonnen. Die Fertigstellung erfolgte im Frühjahr 2008.
Für zwei weitere Renaturierungsprojekte entlang der Schilde im Bereich Raguth (Erhöhung der Eigendynamik durch Strömungshindernisse aus Totholz) und Karft (u. a. Neuprofilierung auf einer Strecke von 400 m) sind die genehmigungs- und eigentumsrechtlichen Vorraussetzungen bereits erfüllt. Durch Verzögerung bei der Freigabe von EU-Fördermitteln für die Umsetzung der wasserbaulichen Maßnahmen können diese Projekte erst im Spätsommer 2008 umgesetzt werden.
Insgesamt konnten während der Projektlaufzeit bisher 5 Renaturierungsmaßnahmen realisiert werden. Ca. 184 ha wurden durch Flächenerwerb für den Naturschutz gesichert. Für weitere 45 ha ist die kostenlose Übertragung von BVVG-Flächen als Nationales Naturerbe entsprechend des Koalitionsvertrages beantragt worden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Renaturierungsprojekt wurde von einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Insgesamt wurden drei große Info-Veranstaltungen mit den Kooperationspartnern unter der Schirmherrschaft des zuständigen Ministeriums durchgeführt, um den bisherigen Projektverlauf zu bilanzieren. Neben Informationsveranstaltungen zu den geplanten Fließgewässer- und Moorrenaturierungen mit z. T. externen Moderatoren wurden zahlreiche Eigentümergespräche durchgeführt. Für die Einwohner erfolgten Vorträge auf Ge-meindeversammlungen und es wurden öffentliche Führungen in den betroffenen Ortsteilen angeboten. Über den aktuellen Stand der Renaturierungsmaßnahmen wurde auf der Webseite des Biosphärenreser-vats unter www.schaalsee.de informiert. Die Bevölkerung erhielt über zahlreiche Artikel in der regionalen Presse (Tageszeitung, Biosphärenreservat aktuell, Amtsblätter) Informationen zu den laufenden Aktionen.
Der NDR hat in zwei Radioberichten das Projekt Lebensader Schilde vorgestellt. In der Fernsehsendung reläxx im Kinderkanal wurde über das Bachpatenprojekt berichtet. Die erfolgreiche Teilnahme an Wettbewerben (Landesumweltpreis M-V, Umweltpreis des Landkreises Ludwigslust) sowie die Einbin-dung verschiedener regionaler Gruppen bei Pflanzaktionen (Bachpaten der Friedensschule Wittenburg, örtliche Hegering Schildetal, freiwillige Feuerwehr Döbbersen, Förderverein Biosphäre Schaalsee e.V.) haben zu einer positiven Projektakzeptanz beigetragen.
Insbesondere das Bachpatenprojekt erweist sich als sehr öffentlichkeitswirksam, da die Bachpaten als Sympathieträger und Multiplikatoren für die Renaturierungsmaßnahmen wirken und über ihre Aktivitäten häufig in der Presse berichtet wurde.


Fazit

Der Vernetzung mit regionalen und landesweiten Planungen und Projekten, der Aufbau eines engen Netzwerkes kooperierender Partner und die intensive Öffentlichkeitsarbeit haben wesentlich zur erfolgreichen Umsetzung des Projektes beigetragen. Durch die Integration dieser Planungen in das noch bis 2013 laufende Bodenordnungsverfahren haben sich zahlreiche positive Synergieeffekte ergeben. In einem kooperativen Planungsprozess konnten planungs- und eigentumsrechtliche Vorraussetzungen geschaffen werden. Durch die Konzentrationswirkung nach § 41 FlurG hat sich das Genehmigungsverfahren reduziert, da keine eigenständigen wasserrechtlichen Verfahren mehr erforderlich sind. Die Akzeptanz für die Naturschutzmaßnahmen bei den beteiligten Landwirten hat sich durch die durch die Vermitt-lungsfunktion des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft, dem BOV-Planer sowie des Amtes für Landwirtschaft deutlich erhöht. Die Gemeinde Wittendörp, die die Trägerschaft für die wasserbaulichen Maßnahmen übernommen hat, hat das Projekt Lebensader Schilde als Chance für die touristische und wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Region erkannt. Durch die sich eröffnenden Fördermöglichkeiten im Rahmen des BOV wie Wegebau und Dorferneuerung stellt sich diese Kooperation als Win-Win-Situation dar.
Zwar erleichtern die vereinfachten Flächenerwerbs- und -tauschmöglichkeiten im Rahmen des BOV die Flächenneuordnung, in der Praxis erwiesen sich die Flächenverhandlungen sowie die Einholung von Einverständnisklärungen zu den geplanten Maßnahmen jedoch als besonders aufwendig und langwierig. Der damit verbundene hohe Koordinationsaufwand zählt zu den größten Hemmnissen bei der Umsetzung. Die Bereitschaft zum Verkauf von Flächen ist eher gering und dem Wunsch nach Tauschflächen, die nur begrenzt zur Verfügung stehen, kann nicht immer gleich entsprochen werden. Lösungsansätze werden im Rahmen der Planwunschgespräche erarbeitet, allerdings erschwerten die hohen Preis- und Tauschvorgaben, die von der Teilnehmergemeinschaft beschlossen wurden, die Verhandlungen.
Durch den erfolgreichen Aufbau entsprechender Strukturen und Netzwerke sind gute Ausgangsbedingungen für die weitere Umsetzung der noch geplanten Renaturierungsmaßnahmen geschaffen. Für die geplante Neuprofilierung der Schilde im Bereich Woez liegt bereits die Entwurfs- und Genehmigungsplanung vor. Hier laufen noch die Gespräche mit den Eigentümern und Bewirtschaftern. Nach jetzigem Planungsstand ist mit einer vollständigen Renaturierung der Schilde im Bereich des Biosphärenreservates, der Arroundierung der erworbenen Naturschutzflächen im Projektkerngebiet sowie der weitgehenden Sicherung eines durchgehenden Uferrandstreifens im Rahmen des bis 2013 laufenden BOV zu rechnen.

Übersicht

Fördersumme

123.479,00 €

Förderzeitraum

01.03.2005 - 31.12.2007

Bundesland

Mecklenburg-Vorpommern

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik