Grundlagen zur bauaufsichtlichen Anerkennung der Strohballenbauweise – Weiterentwicklung der lasttragenden Konstruktionsart und Optimierung der bauphysikalischen Performance
Projektdurchführung
Fachverband Strohballenbau Deutschland
(FASBA) e. V.
In de Masch 6
21394 Südergellersen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Trotz Vorliegens einer allg. bauaufsichtlichen Zulassung für Strohballen als Dämmstoff fehlen wissenschaftlich anerkannte Nachweise für viele wünschenswerte und praktisch bereits erprobte Strohballenkonstruktionen. Mit Hilfe des vorliegenden Projekts soll ein möglichst großer Teil des anstehenden Untersuchungsbedarfs abgedeckt werden.
Schwerpunkte des Projektes bilden die Untersuchung der lasttragenden Bauweise, die Ermittlung der hygrothermischen Eigenschaften und der Schimmelbeständigkeit von Strohballenbauteilen. Darüber hin-aus soll mit Hilfe von normgerechten Prüfungen in den Bereichen Brandschutz, Wärmeschutz und Schallschutz die baurechtliche Anwendbarkeit der geprüften Bauteile unter entsprechenden baurechtlichen An-forderungen dargestellt werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUntersuchung der lasttragenden Strohballenbauweise: Mit Hilfe von verschiedenen Belastungstests wurden die elastomechanischen Kennwerte von kleinen und großen Strohballen/ -bauteilen ermittelt.
Untersuchung der hygrothermischen und mikrobiologischen Eigenschaften: Mit Hilfe von rechnerischen Simulationen wurde das hygrothermische Verhalten von Strohballenbauteilen und die mikrobielle Empfindlichkeit bestimmt. Mit Hilfe von realbewitterten Strohballenwänden wurde das reale hygrothermische und mikrobielle Verhalten von Strohballenwänden und deren Wetterfestigkeit am ungünstigen Standort Holzkirchen untersucht. Mit Hilfe der Lagerung von mikrobiell beimpften Strohproben in Klimaschränken wurde labormäßig die Schimmelresistenz von Stroh ermittelt. Mit Hilfe von Feuchte- Temperatur- Messtechnik wurde das reale hygrothermische Verhalten von gebauten Strohballenhäusern an verschiedenen Klimastandorten untersucht.
Untersuchung verschiedener bauphysikalischer und bautechnischer Eigenschaften: Mit Hilfe von bauauf-sichtlich anerkannten Nachweisprüfungen wurden die Eigenschaften von Strohballen/ -bauteilen in den Bereichen Brandschutz, Wärmeschutz und Schallschutz ermittelt: Die Feuerwiderstandsdauer, das Brandverhalten, die Wärmeleitfähigkeit, der Wärmedurchlasswiderstand und das Luftschalldämmmaß.
Ergebnisse und Diskussion
Projektbereich Lasttragendes Bauen: Es konnte entsprechend der ursprünglichen Zielsetzungen nachgewiesen werden, dass Strohballen und Strohballenbauteile vertikalen Lasten in entsprechend konzipierten ein- bis eineinhalbgeschossigen Gebäuden standhalten können. Dabei wurde festgestellt, dass Kleinballen für kleinere und leichtere Gebäude geeignet sind und Großballen demgegenüber etwas höheren Belastungen standhalten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Bauteil mindestens mit der 2-fachen Last der späteren Gebrauchslast vorzuspannen sind. Des Weiteren konnte innerhalb der Laufzeit des vorliegenden Projektes nicht das genaue Langezeitverhalten von Relaxation und Kriechen ermittelt werden. Nach den hier gewonnenen Erkenntnissen sind lasttragende Strohbauteile mit weiteren Hilfsbauteilen aus Holz oder Metall gegen Knicken und Beulen zu sichern. Eine Aussteifungsleistung der Strohballenwände konnte auch nach Verputzen der Wände nicht ermittelt werden. Im Bereich lasttragendes Bauen besteht ein erheblicher weiterer Untersuchungsbedarf. Die Qualität der hier gewonnenen Erkenntnisse lässt es nicht, wie erhofft zu diese direkt als Grundlage für die Verbesserung der bauaufsicht-lichen Anerkennung in diesem Bereich zu verwenden.
Projektbereich Hygrothermische Eigenschaften: Die grundsätzliche feuchtetechnische Eignung der Bauweise wurde bestätigt. Von den als tauglich erhofften Bauteilaufbauten konnten einige jedoch noch nicht nachgewiesen werden. Einige in der Praxis bislang als tauglich eingeschätzte Bauteilaufbauten müssten nach den gewonnenen Erkenntnissen als bedenklich eingestuft werden. Aufgrund der soliden Praxiserfahrungen sollten weiteren Untersuchungen insbesondere einerseits das Ziel verfolgen die im vorliegenden Projekt umgesetzte Untersuchungsmethodik weiterzuentwickeln andererseits das Verhalten der Strohballenwände in Praxis wissenschaftlich und statistisch zuverlässig zu beurteilen.
Projektbereich: Bautechnische Eigenschaften: Die Ergebnisse der Untersuchungen im Bereich Brandschutz erreichen im vollen Umfang das erhoffte Niveau. Eine mit 8mm Lehmputz verkleidete Strohballenwand kann als schwerentflammbar und feuerhemmend klassifiziert werden.
Die Ergebnisse im Bereich Wärmeschutz erreichen überwiegend das erhoffte Niveau. Die guten Dämm-eigenschaften von Strohballen wurden bestätigt. Mit Hilfe der geringen Anzahl der möglichen Wärmeleitfähigkeitstests konnte jedoch kein einheitliches Erklärungsbild der Wertevarianz bei verschiedenen Rohdichten und höheren relativen Feuchten erreicht werden. Die direkte Prüfung des Wärmedurchlasswiderstands an einem Realbauteil zeigt keine vollständige Übereinstimmung mit der rechnerischen Ermittlung dieses Wertes aus der gemessenen Wärmeleitfähigkeit. Hier sind weitere Prüfungen in größerer Anzahl erforderlich, des Weiteren muss untersucht werden, welche Einflussfaktoren bei der Herstellung der Ballen auf die Dämmleistung einwirken.
Die Ergebnisse im Bereich Schallschutz liegen im erwarteten Bereich. Mit Strohballen lassen sich Außenwände mit durchschnittlichen Anforderungen an das Luftschalldämmmaß erstellen. Mit Hilfe von weiteren Untersuchungen könnten an dieser Stelle Optimierungen erreicht werden.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Zielsetzungen, Inhalte und Ergebnisse des Vorhabens wurden auf diversen Veranstaltungen, Tagun-gen, Seminaren und einigen Fachveröffentlichungen einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Neben kleineren Seminaren wurden auch Tagungen teilweise mit internationalen Teilnehmern veranstaltet. Hervorzuheben ist hierbei insbesondere das europäische Strohballenbautreffen im August 2007 im Ökodorf Sieben Linden mit über 150 Teilnehmern aus 16 Nationen. Nach Abschluss des Projektes sind weitere Veröffentlichungen geplant.
Fazit
Das vorliegende Projekt konnte im Wesentlichen wie erwartet durchgeführt werden. Die Qualität der Ergebnisse hat nicht in allen Bereichen das erhoffte Niveau erreicht. Weiterer Untersuchungsbedarf ist im Laufe des Projektes deutlich geworden und soll in weiteren Vorhaben abgedeckt werden. Hierbei sind insbesondere die Bereiche lasttragendes Bauen und Hygrothermische Eigenschaften zu nennen. Neben weiteren Tests und Prüfungen sollten die bauaufsichtliche Anerkennung an dieser Stelle weiterentwickelt werden. Im Zuge der zugenommenen Klimaschutzdiskussion sollten in zukünftigen Vorhaben die Bereich Ökobilanz, Passivhaustauglichkeit, Dämmoptimierung ebenfalls Berücksichtigung finden.
Fördersumme
124.924,00 €
Förderzeitraum
15.07.2005 - 30.06.2008
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik