Projekt 20902/09

Beseitigung der Hochwasserschäden an der Fürstenkirche St. Bartolomäi in Dessau-Waldersee (Teil des Soforthilfeprogramms zur Beseitigung von Hochwasserschäden an national wertvollen Kulturgütern)

Projektdurchführung

Evangelische Kirchgemeinde Dessau-WalderseePfarramt Dessau-Mildensee
Pötnitz 22
06842 Dessau

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Hochwasser vom Sommer 2002 verursachte Schäden an Bausubstanz und Grabmal des anhaltischen Fürstenpaares des im Turmbau untergebrachten Mausoleums der Kirche Waldersee im Dessau-Wörlitzer Kulturbereich.
Ziel des Vorhabens ist die wissenschaftliche Untersuchung der Schäden und ihre Auswirkungen auf die Umwelt, um unter wissenschaftlicher Methodik eine Wiederherstellung dieses bedeutenden Kulturdenkmals zu realisieren.Weiterhin soll eine Dokumentation der baulichen Anlage Aufschluss über die Bauweise geben und Auswirkungen der Feuchtebelastung durch das Hochwasser erklären. Mögliche Baufehler sollten erkannt werden, um daraus resultierend und unter Wahrung des Denkmalschutzes eine Lösung zu erarbeiten, die nachhaltigen Bestand hat.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Untersuchung der Schäden bezog sich auf eine hygrische Untersuchung im Mauerwerk sowie auf eine mikrobiologische Untersuchung im Grabmal. Daraus resultierend wurde die Öffnung der Grabkammer beschlossen u. in Teilabschnitten eine denkmalgerechte Reparatur veranlasst.
Die Feuchtemessungen wurden im Mauerwerk im Abstand von 30 cm so gewählt, daß der gesamte Mauerwerksquerschnitt erfaßt werden konnte. Der Feuchtezustand wurde über die Ausmessung des Feuchtefeldes mittels einer Neutronen-Stabsonde ermittelt.
Die Untersuchungen erfolgten in der 48. und 49. Kalenderwoche 2002 und sollten wiederholt werden, damit die Austrocknung prognostiziert werden konnte.
Gleichzeitig erfolgte eine Entnahme von Bohrmehlproben für bautechnische Analysen, um Kenntnisse über die erkennbare Belastung mit bauschädlichen Salzen zu erhalten.
Die mikrobiologischen Untersuchungen wurden hinsichtlich der Schimmelpilzbelastung in der Raumluft durchgeführt. Dabei wurde eine definierte Menge der Raumluft in einem geeigneten Sammelgerät über feste Nährböden geleitet. Keimfähige Zellen werden so auf den Nährböden abgeschieden und wachsen zu Kolonien aus, die in mehreren Schritten isoliert werden.
Diese Isolate wurden zu einem Speziallabor in den Niederlanden zur Diagnostik weitergeleitet.
Die Beprobung erfolgte am 21.11.02 an 3 Standorten; im Innenraum des Mausoleums, im Kirchenschiff und über einen Ansaugschlauch aus der Sargkammer heraus.
Auf Grund der Erkenntnisse aus den wissenschaftlichen Untersuchungen wurden weitere Schritte zur Säuberung und Wiederherstellung eingeleitet. Die auf diese Weise offenzulegenden Bauteile wurden eingemessen und dokumentiert, um eine Bestandsunterlage zu erhalten, die Aufschluss über Bauweise, Material und Verarbeitung gibt.Nach Beschluss zur Öffnung der Grabkammer wurden die Särge des Fürstenpaares geborgen und visuell überprüft.
Die Exhumierung musste auf Grund der engen Geometrie der Grabkammer mit besonderer Vorsicht durchgeführt werden. Bergungssärge wurden beigestellt und die Hebevorrichtung installiert. Das Personal wurde gesondert eingewiesen. Eine Arbeitsschutzbelehrung wurde mit allen anwesenden Personen durchgeführt. Mit Arbeitsschutzkleidung und Atemmasken (P3-Filter) erfolgte die Begutachtung der Grabkammer durch Blickprüfung. Zuerst wurden die Sargoberteile, dann die Sargunterteile an der Grabkammer geborgen. Die Gebeine wurden in den beigestellten Bergungssärgen im Krematorium Dessau für ca. 4 Wochen eingelagert. Danach erfolgte die Überführung nach Frankfurt/Main zur Gefriertrocknung. 2 Wochen später erfolgte die Rücküberführung nach Dessau.
Am 05.08.2003 wurden die Gebeine im Städtischen Klinikum über Computertomografie zur wissenschaftlichen Dokumentation erfasst. Am 06.08.2003 erfolgte das Einlöten der Gebeine in die vorbereiteten Zinksärge. Hierzu wurde eine Abnahme durch die Behörden herbeigeführt. Die Wiederbeisetzung fand am 07.08.2003 statt. Anschließend wurde mit der baulichen Restauration des Mausoleums begonnen.
Durch eine 2. endoskopische Untersuchung wurde der Hohlraum unter der Grabkammer gesichtet. Auf Grundlage der Aufnahmen konnte eine Zeichnung der örtlichen Situation angefertigt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Nach den einzelnen Arbeitsschritten wurden in gemeinsamen Beratungen mit den Gutachtern und Fachplanern die gewonnenen Erkenntnisse ausgewertet. Dabei wurden in der Arbeitsgruppe Lösungen disku-tiert, welche den Grundstein für das weitere Vorgehen bildeten. Auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse konnten somit weitere Schritte der Wiederherstellung eingeleitet werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Arbeiten wurden mit den entsprechenden Fachämtern der oberen und unteren Denkmalbehörde abgestimmt und Entscheidungen gemeinsam getragen. Zum großen Teil fanden die Arbeiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um einerseits falscher Berichterstattung u. Sensationstourismus vorzubeugen, andererseits den Belangen der Fürstenfamilie von Anhalt mit Diskretion zu begegnen.
Die Presse wurde im Nachgang über die abgelaufenen Aktionen informiert.
Für die Dokumentation der durchgeführten Arbeiten wurden sämtliche Protokolle, Videos und Bilder der Landeskirche übertragen und dort so archiviert, dass sie zu weiteren Forschungszwecken zur Verfügung stehen.


Fazit

Mit der Wiederherstellung des Mausoleums konnte eine der bedeutendsten Kulturdenkmäler in der Region Anhalt bewahrt werden. Die Grabstätte des Anhaltischen Fürstenpaares steht heute wieder für Touristen offen.
Durch die wissenschaftliche Arbeitsmethodik u. die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel ist es gelungen, das Weltkulturerbe mit hoher fachlicher Unterstützung denkmalgerecht zu restaurieren.
Der Erinnerung an das Hochwasser 2002 dient eine gespendete Tafel im Inneren des Kirchenschiffes.
Die Kirche in Dessau-Waldersee nimmt durch Ihre Eigenheit eine Sonderstellung in der Dessau-Wörlitzer Kulturlandschaft ein.

Übersicht

Fördersumme

99.950,00 €

Förderzeitraum

13.11.2002 - 13.11.2004

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik