Projekt 19120/01

Identifizierung und Ausweisung grenzüberschreitender Feuchtgebiets-Korridore zur Wiedervernetzung von Otter-Lebensräumen in Deutschland mit benachbarten Vorkommen

Projektträger

Aktion Fischotterschutz e. V.OTTER-ZENTRUM
Sudendorfallee 1
29386 Hankensbüttel
Telefon: 05832/9808-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde offensichtlich, dass der Eurasische Fischotter (Lutra lutra) in weiten Bereichen Europas selten geworden oder gänzlich verschwunden war. Vorausgegangen war eine Entwicklung, bei der ursprünglich großräumige und zusammenhängende Verbreitungsareale und Populationen schrittweise in immer kleinere, fragmentierte, und zuweilen isolierte Verbreitungsgebiete und Populationen zersplitterten. Um diese Entwicklung umzukehren, initiierte die Aktion Fischotterschutz e.V. in Kooperation mit der IUCN/SSC Otter Specialist Group das Projekt Otter Habitat Netzwerk Europa (OHNE).
Ziel des Projektes ist es, Räume zu identifizieren, welche - unter Berücksichtigung der begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen des Naturschutzes - die besten Voraussetzungen für die Umsetzung von Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen bieten, und die als Ausgangspunkt und Verbindung dienen können, um das Verbreitungsgebiet des Otters in Mitteleuropa zu erweitern und wieder zu vernetzen, indem die großräumigen Gebiete, in denen derzeit keine Otter vorkommen, überwunden bzw. wiederbesiedelt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUnter Verwendung von Satelliten- und anderen digitalen umweltbezogenen Daten wurde eine Raumbewertungsmethode entwickelt, um mittels eines Geographischen Informations Systems (GIS) prioritäre Räume für den Otterschutz und Suchräume für potentielle Verbindungskorridore zu ermitteln. Diese Bewertung bezieht sich nicht auf die Biotopebene, sondern auf die Ebene von (Landschafts-) Räumen.
Die Bewertung erfolgte auf zwei geographischen Ebenen. Auf der europäischen Ebene wurden prioritäre Räume für die Länder Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Deutschland, Dänemark, Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Ungarn, Österreich und Italien bestimmt. Auf der nationalen Ebene wurden Suchräume für Verbindungskorridore für Deutschland identifiziert.
Das Bewertungskriterium stellt das raumbezogene Konfliktpotential dar, durch das die Möglichkeiten des Otters zur Wiederbesiedlung eines Raumes (nicht eines kleinräumigen Habitats!) beeinflusst werden.
Als Bezugseinheit für die Bewertung des Konfliktpotentials der 7 für Europa bzw. 9 für Deutschland verarbeiteten Parameter diente das 10x10 km UTM Gitternetz, das auch die Grundlage des Informations Systems Otter Spuren (ISOS) bildet, über das die Verbreitung des Otters dokumentiert wird. Für Europa wurden 34.122 und für Deutschland 3.645 derartiger 10x10 km UTM Gitternetzquadrate bewertet.


Ergebnisse und Diskussion

Als Ergebnis der Raumbewertung auf europäischer Ebene wird offensichtlich, dass die Gebirgszüge der Pyrenäen und der Alpen eine natürliche Barriere darstellen, und dass der nordöstliche Teil Frankreichs, der größte Teil Belgiens, ein riesiger Bereich Deutschlands, der nördliche Teil der Tschechischen Repu-blik, und einige kleinere Teile des südlichen Polens, des nordöstlichen Österreichs bzw. der westlichen Slowakei ein weites Areal eines hohen oder sehr hohen Konfliktpotentials bilden.
Prioritäre Räume eines sehr geringen oder geringen Konfliktpotentials sind angesiedelt im westlichen und nördlichen Teil der Iberischen Halbinsel, an der Westküste, in der Region des Massif Central und am westlichen Fuß der Alpen in Frankreich, in Teilen der Niederlande, im nördlichen Dänemark, und in einem Gürtel vom nordöstlichen Deutschland über das nördliche und östliche Polen hinauf bis nach Litauen und Lettland. Einige weitere prioritäre Räume sind sichtbar in den östlichen und zentralen Teilen der Slowakei, im östlichen und südwestlichen Ungarn, im mittleren Teil Österreichs, im südlichen Teil der Tschechischen Republik, sowie am nördlichen und südlichen Fuß der Alpen und in Teilen Italiens.
Aus (west- und mittel-) europäischer Sicht sind dieses die Räume größter Bedeutung für den Schutz von Kernzonen oder die Entwicklung von Verbindungsräumen für den Otter.
Von den 3.645 Bezugseinheiten für Deutschland, die bewertet wurden, wiesen 37,7 % ein hohes bis sehr hohes Konfliktpotential auf, während nur 23,4 % mit einem geringen bis sehr geringen Konfliktpotential bewertet wurden. Die letzteren Räume sind überwiegend im nördlichen Teil Deutschlands kon-zentriert, wohingegen im zentralen und insbesondere im westlichen Teil eine Konzentration hohen Konfliktpotentials offensichtlich ist.
Drei Kerngebiete wurden für Deutschland definiert, welche die hauptsächlichen Ausgangspopulationen für den angestrebten Wiederbesiedlungsprozess beherbergen. Ausgehend von diesen Kerngebieten und einigen angrenzenden Populationen in den benachbarten Ländern Dänemark, Tschechische Republik und Österreich wurden 13 Ausgangsgebiete für den erwarteten Ausbreitungsprozess nach Westen definiert. An der Westgrenze Deutschlands wurden 7 Zielgebiete bestimmt, von denen erwartet wird, dass sie eine Chance für eine Wiedervernetzung der deutschen Otterpopulation mit den verbliebenen Populationen in den westlichen Nachbarländern bieten.
Zwischen diesen Ausgangsgebieten und Zielgebieten wurden per GIS zahlreiche potentielle Verbindungen berechnet, darauf abzielend, die kürzeste, mit dem geringsten Grad an Konfliktpotential belastete Verbindung zu bestimmen. Für die sich aus diesem Prozess ergebenden Suchräume wurden die Gewässer ermittelt, die potentiell als Bestandteil von Verbindungskorridoren dienen könnten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

REUTHER, C., KREKEMEYER, A., VOWINKEL, C.-J. (2001)The project Otter Habitat Network Europe (OHNE) - Method and Progress of an attempt to prepare a spacious standard of assessment for potential otter habitats. Wiss. Mitt. Niederösterr. Landesmuseum 14: 51-67.
REUTHER, C., DOLCH, D., DREWS, A., EHLERS, M., HEIDEMANN, G., KLAUS, S., MAU, H., SELL-HEIM, P., TEUBNER, J., TEUBNER, J., WÖLFEL, L. (2002): Fischotterschutz in Deutschland - Grundlagen für einen nationalen Artenschutzplan. - Habitat Nr. 14, Aktion Fischotterschutz e.V., Hankensbüttel, 160 S.
REUTHER, C. (GIS-Bearbeitung: KREKEMEYER, A.) (2004). Auf dem Weg zu einem Otter Habitat Netzwerk Europa (OHNE). Habitat Nr. 15, Aktion Fischotterschutz e.V., Hankensbüttel, 308 S. & CD-ROM


Fazit

Das angestrebte Projektziel wurde innerhalb des geplanten Zeit- und Kostenrahmens erreicht. Auf der Basis der Ergebnisse ist nunmehr geplant (und bereits begonnen worden) die Gewässer in den Suchräumen auf der (lokalen) Habitatebene zu untersuchen und zu bewerten und damit zu ermitteln,
- welche Gewässer die besten Voraussetzungen bieten Bestandteil des angestrebten Habitat-Netzwerkes zu werden,
- wo die besten Voraussetzungen bestehen, um Maßnahmen zum Schutz oder zur Erweiterung des Otterverbreitungsgebietes mit dem geringsten Aufwand innerhalb der kürzesten Zeit umzusetzen, und
- welche konkreten Maßnahmen zur Erhaltung oder zur Verbesserung der Habitate erforderlich sind.
Parallel zu diesem umsetzungsorientierten Ansatz ist in Fortsetzung des Projektes eine Weiterentwicklung und Verbesserung der Bewertungsmethodik und eine Einbeziehung der Faktoren Zeit und Popula-tionsentwicklung in das Vorhersagemodell geplant. Zum letzteren Aspekt wurde der Evaluierungspro-zess für das Projekt bereits durch regelmäßige Verbreitungserhebungen mit einer standardisierten Methode begonnen. Erste, ganz vorläufige Ergebnisse scheinen die Vorhersagen der Raumbewertung zu bestätigen.

Übersicht

Fördersumme

102.007,84 €

Förderzeitraum

16.01.2002 - 30.06.2004

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik